Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 6, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2014, S. 97

https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-6/seite/97

Hälfte dieser Zeit. Ziehen wir in Betracht nur die großen allgemeinen Krisen unseres Jahrhunderts, so haben wir deren gehabt: 1825, 1836, 1847, 1857 endlich 1867. Also fast genau in 10jährigen Interwallen je ein K wirtschaftlicher Kataklismus, nach jedem eine convulsive Contraction des Kapitals, nachher eine allmähliche Erweiterung, dann eine plötzliche maßlose Expansion bis wieder nach wie vor die Krise Flügel des Kapitals von der plö Krise jäh abgeschnitten werden. Bei dieser kurzen u. – wie behauptet wird – immer kürzeren Dauer des Produktionszyklus, bei dieser Fähigkeit des Kapitals zu einer plötzlichen Contraction u. Expansion ist die Regulierung der Arbeiterbevölkerung durch die Kapitalgröße vermittelst natürlicher Fortpflanzung wiederum nichts als eine Fiktion. Freilich kann man sagen, daß das Kapital den Tod aber nicht daß es die Geburt in der Arbeiter klasse beherrscht: Zum Sterben ist sind bekanntlich 3–4 Tage Nichtessens d. h. Arbeitslosigkeit genügend, zur Geburt u. Erziehung lange Jahre. So kann man denn sagen, daß während das Kapital heute wohl durch den Würgeengel des Todes, nicht aber durch den Engel des Lebens über die Arb.-Klasse regiert.

Anders war dies alles zu Ricardos u. noch mehr zu Ad. Smith Tagen Zeiten. Die Maschinerie fing erst an, die Produktionsverhältnisse zu revolutionieren, die allgemeinen Krisen waren erst im Anzug. Zwar erlebte schon Ricardo die erste bedeutende englische Krise, welche der Aufhebung des Kontinentalsystems folgte. Hier war jedoch der kapitalistische Pferdefuß durch historische „Zufälligkeiten“ maskiert, u. es war zu natürlich, die Krise nur als eine ganz spezielle Folge der Tücken des „Bösewichts“ Napoleon anzu zu betrachten aufzufassen. Im Allgemeinen war die vorherrschende Produktions form weise – die Manufaktur – auf Handarbeit begründe gestützt fußend, die Marktverhältnisse waren noch von England fast allein beherrscht, daher boten sie ziemlich stabil u. übersichtlich, die Produktionsperioden demgemäß langsam u. die technische Proportion zwischen Kapital u. Arbeitskraft so ziemlich bis zu l. g. G. gegeben. Hier liegt die relative Berechtigung der alten klassischen Lohnfondstheorie, hier aber auch zugleich ihr e heutige historisches Urteil.

Und Vorbei sind die schönen Tage des ruhigen, stabilen ,phlegmatischen, gleichsam patriarchalischen Kapitals; nervös, stets aufgeregt, bald „himmelhoch jubilierend jauchzend“ bald „zu Tode betrübt“ vermag es jetzt weder zu berechnen, wie viel es von der Arbeitskraft jeweilig im nächsten Aug[enblick] braucht u. noch ha auch sich die nötige Zahl derselben Arb. zu verschaffen; wie ges auf auf der wilden Hast Jagd des Kapitals wie gesagt haben die Arbeiter auf Kommando nur noch Zeit zu sterben, nicht aber auf Komman geboren zu werden. Und wohlgemerkt, die Zeit, wo die Lohnfondstheorie ihre relative Berechtigung hatte, war äußerst kurz. Schon unter den Augen Ricardos vollzog sich in England der gewaltige industrielle Umwälzungsprozeß. Die zweite Ausgabe des Hauptwerkes von Ricardo enthält schon merkwürdiger bezeichnenderweise einen Abschnitt über Maschinerie, wo er seine

Nächste Seite »