Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 6, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2014, S. 177

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Die Erörterungen über unsere Taktik

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auf dem Parteitage[2] zeigen deutlich, wie notwendig und nützlich es gewesen wäre, diese Erörterungen unter einem besonderen Tagesordnungspunkte vorzunehmen, anstatt sie an den Bericht des Parteivorstandes anzuknüpfen. Die Diskussion über die Taktik hat sich jetzt zunächst angelehnt an die Besprechung über die Reichstagswahlen und hat sich dabei fast nur darauf zugespitzt, ob bei den vergangenen Reichstagswahlen irgendwo und von irgendwem unsere Endziele „verschleiert“ worden sind und ob dadurch der Ausgang der Reichstagswahlen in einer für uns ungünstigen Weise beeinflußt worden ist.

Das hatte erstens zur Folge, daß die Debatte über die Taktik kein einheitliches Gepräge trug; sie wurde zerrissen durch Aussprache über Dinge, die sehr wohl zur Reichstagswahl, nicht aber zur Taktik gehörten, die an sich auch wichtig genug sind, aber von den Erörterungen über die Taktik doch überwuchert wurden und zwischen diesen fast als nebensächlich erschienen.

Es hatte ferner zur Folge, daß ganz überflüssigerweise viele Redner kommen und, mit Recht, sagen konnten, sie hätten bei der Wahlagitation keine Endziele verschleiert, in ihren Kreisen sorgten schon die Gegner dafür, daß die Endziele aufgedeckt würden und sie stundenlang darüber reden müßten. So wurde der Eindruck erweckt, daß vielfach unberechtigte Angriffe erhoben worden wären; die Angriffe erschienen zum Teil als in falscher Richtung sich bewegend; es fühlten sich Genossen zur Abwehr veranlaßt, die anzugreifen gar nicht in der Absicht der Kritiker gelegen haben konnte.

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[1] Dieser Artikel steht in der Rubrik „Parteiangelegenheiten“ und ist nicht gezeichnet. Auf die Autorschaft Rosa Luxemburgs lassen ihre Beiträge auf dem Stuttgarter Parteitag und ihre „Nachbetrachtungen zum Parteitag“ schließen, siehe GW, Bd. 1, 1. Halbbd., S. 242 ff. Mit dieser kritischen Meinungsäußerung entstand vermutlich ihre Idee, ab 16. Oktober 1898 in der Sächsische Arbeiter-Zeitung (Dresden) die spezielle Rubrik „Erörterungen über die Taktik“ einzurichten, siehe GW, Bd. 6, S. 183 ff. Gegenüber August Bebel verteidigte sie ihr Vorgehen als neue Redakteurin der Sächsische Arbeiter-Zeitung (Dresden) am 7. November 1898 wie folgt: „Ich betrachtete als meine erste Aufgabe neben der Besprechung taktischer Fragen die Hebung und Besserung des verwahrlosten Blattes überhaupt, griff deshalb in andere Rubriken ein, und das gab Anlaß zu neuen Reibungen mit meinen Kollegen, welche z. B. die Einführung der wirtschaftlichen Rundschau, der Erörterungen über die Taktik als Beeinträchtigung des lokalen Teils des Blattes, ferner meine ‚Einmischung‘ in die Polemik zwischen Gradnauer und Mehring in der Kommission gegen mich ausspielten.“ GB, Bd. 1, S. 212.

[2] Der Stuttgarter Parteitag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands fand vom 3. bis 8. Oktober 1898 statt.