Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 6, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2014, S. 506

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Diskussionsbeitrag in der Sitzung des Internationalen Sozialistischen Büros in Brüssel am 15. Januar 1905

[1]

Rosa Luxemburg protestiert gegen die Behauptung von Adler, daß die Resolution von Amsterdam[2] nicht endgültig sei. Sie spricht sich für diese Resolution aus. Wenn jede Partei als einzelne Delegation zugelassen würde, wie dies von Adler vorgeschlagen wird, wäre dies eine Ermutigung für Spaltung und Betrug, wie Kautsky in Amsterdam bereits gesagt hatte.

Die Bezeichnung einer Partei ist unter Bedingungen, wie sie in Rußland herrschen, noch viel zweideutiger als die Definition der Nationalität. Deshalb ist der Vorschlag von Bebel unannehmbar, weil er zu den unsinnigsten Folgen führen würde, zum Beispiel wären die Deutschen in Österreich dann verpflichtet, als „Nationalität“ nur mit der deutschen sozialistischen Demokratie eine Partei zu bilden, das heißt, die Genossen, die auf dem gleichen politischen Terrain kämpfen, würden voneinander getrennt und mit denjenigen vereinigt, die unter ganz anderen Bedingungen kämpfen. Schließlich würde das Prinzip von Nationalitäten im ethnographischen Sinne für die internationalen Kongresse die absolute Unterwerfung Rußlands und Österreichs unter die unsinnigsten Bedingungen bedeuten. Die Frage muß vertagt werden, bis alle Nationalitäten an der Diskussion teilgenommen haben.

Bureau socialiste international,

Compte rendu des réunions manifestes et circulaires,

Vol. I. Hrsg. von Georges Haupt, Paris 1969, S. 126.

Die Übersetzung aus dem Französischen erfolgte durch ein Übersetzungsbüro.

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[1] Überschrift der Redaktion.

[2] Es handelt sich um die vom Internationalen Sozialistenkongreß in Amsterdam 1904 einstimmig angenommene Resolution von Viktor Adler, August Bebel, Enrico Ferri, Karl Kautsky, Pieter Troelstra und Émilie Vandervelde über die „Einheit der Partei“, die für jedes Land die „Einheitlichkeit der Partei aufgrund der von den internationalen Kongressen bestimmten Prinzipien“ als unerläßlich für den Kampf des Proletariats gegen den Kapitalismus fordert.