Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 6, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2014, S. 298

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Rosa Luxemburg führt aus, daß kein Grund zu Klagen gegen die deutsche Sozialdemokratische Partei vorhanden sei, sondern im Gegenteil Grund zum Dank gegen sie.

Vorwärts (Berlin),

Nr. 89 vom 18. April 1900

III Fünfter Parteitag der polnischen Sozialdemokratie Deutschlands. Zweiter Tag [16. April 1900]

[1]

Am Montag, dem 16., wird zunächst die Diskussion über Punkt 2 der Tagesordnung (Situationsberichte und Allgemeine Agitation) fortgesetzt. Zu langen Auseinandersetzungen gibt Anlaß der Hinweis der Delegierten aus Posen auf ihre gewerkschaftlichen Erfolge und auf die Notwendigkeit, auch in andren Gegenden mit polnischer Bevölkerung organisatorisch zu wirken.

Wierbinski-Gnesen sagt, die Gewerkschaftler seien keine Sozialisten, sie träten meistens [um] der erwarteten materiellen Unterstützung willen der Organisation bei.

Berfus erinnert an die Auseinandersetzungen zwischen Bebel und Legien und stellt die Posener Delegierten als Vertreter nicht einer sozialistischen, sondern einer gewerkschaftlichen Partei hin.

Matuszewski-Posen stellt demgegenüber fest, daß die Leiter des Gewerkschaftskartells in Posen zugleich Mitglieder der sozialdemokratischen Agitationskommission für die Provinz Posen sind und daß die von ihnen in der letzten Zeit erreichte Verdopplung der Abonnentenzahl der „Gazeta Robotnicza“ in Posen beweist, daß die gewerkschaftliche Organisation Hand in Hand mit der sozialdemokratischen Agitation gehe.

Gogowski-Posen (spricht deutsch) bezeichnet die gewerkschaftliche Agitation und Organisation als das sicherste Mittel, die ganz unvorbereiteten Massen für uns zu gewinnen und allmählich zur Sozialdemokratie zu erziehen. Polen und Deutsche müssen Hand in Hand arbeiten, als Klassengenossen seien sie in gleicher Lage.[2]

R. Luxemburg-Posen erklärt, die Befürchtungen vor der „gewerkschaftlichen Versumpfung“ seien eine bequeme Theorie, um nichts in dieser Hinsicht zu tun, sie hät

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[1] Als Verfasserin dieses Berichtes gibt Rosa Luxemburg sich in ihrem Brief vom 24. April 1900 an Leo Jogiches wie folgt zu erkennen: „Den Bericht für den ‚Vorwärts‘ vom zweiten Tag habe ich geschrieben (auf Wunsch der Redaktion), also konnte ich mich selbst nicht so herausstellen; übrigens wollte ich die Unterlegenen nicht reizen. Aber das Ergebnis: Sieg auf der ganzen Linie; ich gewann sogar die verbissensten Gegner für mich.“ GB, Bd. 1, S. 457. In der RL-Bibliographie von Feliks Tych, 1962 (Jadwiga Kaczanowska przy konsultacji i wspólprácy Feliksa Tycha: Bibliografia Pierwodruków Rózy Luksemburg. Nadbitka Z pola walki, kwartalnik Poswiecony Dziejom Ruchu Robotniczego, Warschau 1962 Nr. 3 [19]), ist er unter Nr. 162 ausgewiesen. Die Berichte in der Leipziger Volkszeitung Nr. 91 vom 21. April 1900 und in der Sächsische Arbeiter-Zeitung (Dresden) Nr. 91 vom 21. April 1900 sind mit der Luxemburgschen Fassung im Vorwärts nicht identisch.

[2] Siehe dazu ihren Artikel „Ein Stück Neuland“. In: GW, Bd. 1, 1. Halbbd., S. 704 ff.