Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 6, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2014, S. 909

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schäftsführer die ersten Anteile der unterzeichneten Aktien zusammenholen. Die Redaktion, Geschäftsräume und Druckerei wurden in der oberen Etage einer Schankwirtschaft untergebracht. In einem Zimmer installierte sich die Redaktion, Verwaltung und Expedition, in einem anderen wurden die fünf Setzer untergebracht. Am Sonnabend, dem 12. Dezember 1885, erschien die erste Nummer des „Peuple“ mit dem Datum vom Sonntag, den 13. Dezember. Dieser Sonnabend war aber ein sehr kalter Tag und man mußte Kohlen kaufen. Durch eine Kollekte unter den Redakteuren, zu denen die obigen Genossen gehörten, wurden die Unkosten hierfür gedeckt. Als der Abend kam, brauchte man aber auch Lampen und Petroleum. Die Lampen wurden in einem nahen Geschäft bestellt. Als der Laufbursche des Lampengeschäftes nachher die Rechnung präsentierte, setzte der Geschäftsführer Milot seine Brille auf die Nase und schaute nach seiner Uhr. „Mein Freund“, so versetzte er mit ernstester Mine der Welt, „es ist 6¼, die Kasse ist um 6 Uhr geschlossen; sie müssen mit ihrer Rechnung morgen wiederkommen.“ Eine halbe Stunde später war das Blatt unter der Presse und wurde noch am Abend von etwa 20 Zeitungsverkäufern in den Straßen der Hauptstadt zum Kaufe angeboten. Bertrand erzählt dann weiter, wie der „Peuple“ im Juli 1886 nach einem anderen Lokal umgezogen ist, wie dann später nach einigen Jahren des Kampfes und der Misere die Genossenschaft Maison du Peuple das Blatt mit allen Aktiven und Passiven übernahm. Die Passiven waren nicht gering, trotzdem der „Peuple“ eine Auflage von 7000, 10000 und sogar 12000 Exemplaren zu verzeichnen hatte und trotzdem das ganze Personal lange Zeit bestand aus fünf Setzern, zwei festbesoldeten Redakteuren, einem Geschäftsführer und einem Expedienten. Bis zum Jahre 1891 wurde das Blatt mit zwei Centimes verkauft. Als in jenem Jahre die belgische Arbeiterpartei einen größeren Aufschwung nahm, wurde eine neue Genossenschaft mit 15000 Fr. Kapital gegründet, der „Peuple“ vergrößert und für fünf Centimes die Nummer verkauft; daneben wurde das kleinere „Echo du Peuple“ gegründet und zum Preis von drei Centimes abgegeben. Heute nimmt der „Peuple“ unter den Blättern der Hauptstadt eine geachtete Stellung ein und ist eine vorzügliche Waffe des belgischen Proletariats im Kampfe um seine Emanzipation.

Vorwärts (Berlin),

Nr. 297 vom 20. Dezember 1905.

[Zum Vorwärts-Konflikt]

Der Verlag der „Münchener Post“ wird nicht müde, dieselbe Litanei aus seinen „Büchern“ vorzutragen, und wir sind gezwungen, unsere Leser damit noch einmal zu belästigen. Er schreibt: Ein letztes Wort. Der „Vorwärts“ fährt fort, auf dem einmal eingeschlagenen Wege zu wandeln, die Vorgänge zu verdrehen und die Hauptsachen zu umgehen. Wir stellen daher nochmals die Tatsachen fest, mit denen die „Vor-

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