Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 6, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2014, S. 512

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Und deshalb kann an Linguet die ganze Tiefe des Abgrundes gemessen werden, in den die bürgerliche Wissenschaft seit der Herrschaft des Kapitals hinabgerutscht ist. Heute, nach dem politischen Aufschwung der Arbeiterklasse, wie nach dem wissenschaftlichen Werke von Marx und Engels, liegt der Ausweg aus der bürgerlichen Gesellschaft vor aller Augen klar. Allein gerade deshalb leugnet die bürgerliche Nationalökonomie krampfhaft alle Grundübel und Schäden der herrschenden Gesellschaftsordnung. An Stelle des edlen Pessimismus der bürgerlichen Klassiker ist der lobhudelnde Optimismus der vulgären Apologeten des Kapitals getreten. Und wenn ein Linguet als Menschenfreund in tiefem Schmerz die Hände vors Gesicht schlägt, weil er an der kapitalistischen Gesellschaft verzweifelt, so ruft heute der außerordentliche Professor Sombart mit Glockengetändel vor der Arbeiterklasse in optimistischen Kapriolen einherhopsend: Dennoch! – dennoch, meine Herren Arbeiter, tsing – la la – es ist doch schön auf der Welt! …

Vorwärts (Berlin),

Nr. 24 vom 28. Januar 1905.

Aus dem Marxschen Buche[1]*

II. Wie der Profit des Kapitalisten entsteht

Bereits im 1. Band des „Kapital“ gibt Marx auf S. 154/5[2] in lebendiger[3], satyrischer Form die landläufigen Ausflüchte der Kapitalisten wieder, womit sie die „Berechtigung“ ihrer, aus fremder unbezahlter Arbeit der Proletarier stammenden Profite nachzuweisen suchen, um die Tatsache der Ausbeutung hinwegleugnen zu können. Hier, in dem neuen Buche, finden wir dasselbe Thema viel ausführlicher behandelt, nämlich in der Form eines köstlichen Dialogs zwischen dem Kapitalisten und seinen Arbeitern.

Zunächst sucht der Kapitalist den Arbeitern einzureden, er habe deshalb ein heiliges, unverbrüchliches Recht auf seine Riesenprofite, weil er ja den Arbeitern aus eigener Tasche in barem Gelde ihren Lohn auszahle, bevor das Produkt ihrer Arbeit fertig und verkauft sei, d. h. weil er ihnen ihren Anteil am Produkt großmütig „vorschieße“, sich also dafür auch entsprechend entschädigen müsse.

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[1] * Bemerkung der „Vorwärts“-Redaktion: Infolge des Raummangels gelangt diese Fortsetzung des in Nr. 24 des Vorwärts begonnenen Artikels erst heute zum Abdruck.

[2] Die Seitenzahl bezieht sich auf die von ihr benutzte Ausgabe von 1890. – Siehe dazu MEW, Bd. 23, S. 205 ff.

[3] In der Quelle: lebender.