Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 6, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2014, S. 513

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Der Arbeiter, fährt Marx fort, wird dem Kapitalisten nun sagen: „Von diesen 5 Pfund Garn zum Beispiel stellen drei Fünftel konstantes Kapital (d. h. Rohstoffe, Verschleiß von Maschinen usw.) vor. Die gehören dir. Zwei Fünftel, also 2 Pfund, stellen meine neu zugesetzte Arbeit vor. Du hast mir also 2 Pfund zu zahlen. Du zahlst mir also den Wert von 2 Pfund.“ Damit würde er nicht nur den Arbeitslohn einsacken, sondern auch den Profit, kurz eine Summe Geld gleich dem Quantum der von ihm in Form von 2 Pfund neu zugesetzter, materialisierter Arbeit.

„Aber“, sagt der Kapitalist, „habe ich nicht das konstante Kapital vorgeschossen?“

„Gut“, sagt der Arbeiter, „dafür ziehst du 3 Pfund ab, zahlst mir nur zwei.“

„Aber“, fährt der Kapitalist fort, „du konntest deine Arbeit nicht materialisieren, nicht spinnen, ohne meine Baumwolle und meinen Webstuhl! Dafür mußt du extra zahlen.“

„Ei“, sagt der Arbeiter, „die Baumwolle wäre verfault und die Spindeln verrostet, hätte ich sie nicht zum Spinnen vernutzt. Die 3 Pfund Garn, die du abziehst, stellen zwar nur den Wert deiner Baumwolle und der Spindeln vor, die in den 5 Pfund Garn konsumiert, also enthalten sind. Aber meine Arbeit allein, indem sie diese Produktionsmittel als Produktionsmittel verbrauchte, hat den Wert von Baumwolle und Spindel erhalten. Für diese Wert erhaltende Kraft meiner Arbeit fordere ich von dir nichts, weil sie mir, außer dem Spinnen selbst, wofür ich die 2 Pfund habe, keine Extra-Arbeitszeit gekostet hat. Es ist dieses eine Naturgabe meiner Arbeit, die mich nichts kostet, die aber den Wert des konstanten Kapitals erhält. So wenig ich von dir dafür fordere, so wenig hast du von mir dafür zu fordern, daß ich ohne Spindel und Wolle nicht hätte spinnen können. Ohne Spinnen wären aber die Spindel und Baumwolle keinen Pfifferling wert.“

Der in die Enge getriebene Kapitalist bemerkt nun: „Die 2 Pfund Garn sind in der Tat 4 Schilling wert. Soviel Arbeitszeit von dir repräsentieren sie. Aber ich soll sie dir zahlen, ehe ich sie verkauft habe! Vielleicht verkaufe ich sie gar nicht. Das ist Risiko Nr. I. Zweitens verkaufe ich sie vielleicht unter ihrem Preis. Das ist Risiko Nr. II. Und drittens, unter allen Umständen, kostet es noch Zeit, sie zu verkaufen. Soll ich für dich umsonst beide Risikos und den Zeitverlust obendrein übernehmen? Umsonst ist der Tod.“

„Wart’ einmal“, antwortet der Arbeiter: „Welches ist unser Verhältnis? Wir stehen uns als Warenbesitzer gegenüber, du als Käufer, ich als Verkäufer, denn du willst mir meinen Anteil am Produkt, die 2 Pfund abkaufen, und sie enthalten in der Tat nichts als meine eigene vergegenständlichte Arbeitszeit. Nun behauptest du, ich müsse dir meine Ware unter ihrem Werte verkaufen, so daß du als Resultat mehr Wert in Ware erhältst als du jetzt in Geld besitzest.“

„…Besinne dich doch recht! Ehe die 2 Pfund Garn da waren, die du uns jetzt abkaufen willst, hast du nicht vorher andere Käufe gemacht, ohne die die 5 Pfund Garn überhaupt nicht zustande gekommen wären? Hast du nicht vorher Baumwolle und Spindel gekauft, die jetzt in 3 Pfund Garn repräsentiert sind? Damals traten dir der

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