Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 6, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2014, S. 435

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Schiedsgerichtsspruch vom 3. Juni 1902

Das Schiedsgericht in Sachen Berthold–Mehring, bestehend aus den Genossen Gerisch als Vorsitzenden, Rosa Luxemburg, Arons, Baake und Stadthagen,[1] ist auf Grund seiner Verhandlungen zu folgendem Ergebnis gelangt:

Nachdem festgestellt worden ist, daß Genosse Dr. Berthold eine gegnerische Zeitschrift, die „Zukunft“, mehrere Monate hindurch verantwortlich zeichnete, und damit trotz des einschränkenden Zusatzes „in Vertretung“ ihren Inhalt, wie es nach außen hin aufgefaßt werden mußte, mit seinem Namen deckte,

daß ferner während dieser seiner Tätigkeit Artikel in der „Zukunft“ erschienen sind, die von Gegnern geschrieben, schärfste Angriffe gegen die Partei, sowie gegen einzelne Parteigenossen als solche enthielten,

daß endlich Genosse Berthold ein Gnadengesuch an den Kaiser zu Gunsten eines Freundes, obendrein mit einer eines Demokraten unwürdigen Begründung unterzeichnet hat,

erklärt das Schiedsgericht,

daß Genosse Dr. Berthold sich einer Reihe grober Verstöße gegen die Pflichten eines Parteigenossen schuldig gemacht hat, die auf das Entschiedenste zu verurteilen sind.

Gleichzeitig spricht das Schiedsgericht seine Mißbilligung darüber aus, daß Genosse Dr. Mehring, in der irrigen Annahme, Genosse Berthold wolle sich einem Parteigericht entziehen, und in der weiteren irrigen Annahme, alle zuständigen Partei

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[1] Das Schiedsgericht der Sozialdemokratischen Partei war wegen einer Auseinandersetzung zwischen Franz Mehring und Arthur Berthold über die Mitarbeit des Letzteren in der von Maximilian Harden herausgegebenen Zeitschrift „Die Zukunft“ und der persönlichen Angriffe Bertholds gegen Mehring eingesetzt worden.