Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 6, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2014, S. 871

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Unfehlbarkeit Kautskys, Mehrings, Stadthagens, Rosa Luxemburgs proklamiert, eine einheitliche Meinung erzwungen werden soll.“

Der Ärger und der eigentliche Wunsch sprechen aus diesen Worten zu deutlich, als daß man sie anders denn mit mitleidigem Lächeln aufnehmen sollte. Allein zu diesem parteigenössischen „Kampf mit geistigen Waffen“ muß doch wenigstens bemerkt werden, daß er sich solcher Mittel bedient, die ihrer Methode und ihrem Geiste nach bis jetzt nicht in der Rüstkammer der Sozialdemokratie zu suchen waren.

Vorwärts (Berlin),

Nr. 279 vom 29. November 1905[1]

Mit dem „Vorwärts“-Konflikt

beschäftigte sich auf Veranlassung des Genossen Thiele aus Halle eine Volksversammlung am letzten Sonntag in dem Orte Wehlitz bei Schkeuditz. Die Schkeuditzer Genossen haben in einer Parteiversammlung am 12. November eine Resolution angenommen, worin sie das Vorgehen der sechs früheren „Vorwärts“-Redakteure und die Schreibweise des Hallischen „Volksblattes“ verurteilen. Darauf hat der Genosse Thiele die Schkeuditzer Genossen in die Versammlung nach Wehlitz eingeladen, um sie wegen der Resolution zur Rede zu stellen. Genosse Thiele bestritt gleich am Anfang seiner Ausführungen über diesen Punkt – zuvor hielt er einen Vortrag über die politische Lage –, daß ein Grund zu einem Tadelsvotum gegen das „Volksblatt“ vorgelegen habe; er verlange Beweise dafür. Diese wurden ihm vom Genossen Sämisch aus Schkeuditz in reichlichem Maße gegeben. Genosse Sämisch schilderte, warum den Genossen die Schreibweise des „Volksblatts“ nicht gefalle, daß es besonders in dem „Vorwärts“-Konflikt in der einseitigsten Weise für die sechs Redakteure und gegen den Parteivorstand Stellung genommen habe. Vor allem mache er aber der Redaktion den Vorwurf, daß sie die Pressestimmen und Resolutionen für den Parteivorstand nicht bringe, so daß die Leser hiervon nichts erführen und in der einseitigsten Weise unterrichtet würden, sich also gar kein richtiges Bild von den Vorgängen machen könnten. Thiele antwortete darauf äußerst erregt. Schließlich schilderte er den Konflikt in der Weise, daß die sechs Redakteure so vergewaltigt worden seien, daß sich einzelne Mitglieder des Vorstandes selbst nicht mit dem Vorgehen einverstanden erklärten. Molkenbuhr, Gerisch und Auer hätten bei der Aktion überhaupt nicht mitgewirkt. Bebel habe in einer Sitzung erklärt: Wer etwas von den Verhandlungen ausplaudert, fliegt aus der Partei! Wie rigoros gegen die Redakteure verfahren worden sei, sehe man daran, daß die Kündigung der Sechs wegen des Tones des Begründungsbriefes angenommen worden sei. Was geschehen ist, ist eine heimliche Abwürgung der Sechs, das sich die Partei nicht bieten lassen darf.

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[1] Siehe Rosa Luxemburg: Unsere Aufgabe. In: GW, Bd. 6, S. 598.