Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 6, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2014, S. 91

https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-6/seite/91

9. Wirkung des Staatsvertrages

Dieselbe äußert sich darin, daß die ihn schließenden Staaten an die dadurch übernommenen Verpflichtungen gebunden u. in der Ausübung ihres freien Willens von dem Inhalt des Vertrages in dem betreffenden Bereich beschränkt sind. Beim Zuwiderhandeln eines der Kontrahenten hat der andere das Recht, zu allen völkerrechtlich ihm zu Gebote stehenden Mitteln der Selbsthilfe zu greifen, wie: Schiedsgericht, Repressalien, Retorsion, Krieg.

10. Dauer des Staatsvertrages

Die Dauer der Staatsverträge hängt von ihrem Charakter ab. Für diejenigen Verträge, deren Wortlaut selbst eine Frist ihrer Wirkung festsetzt, ist die Dauer durch die betreffende Frist gegeben. Verträge, welche keine Frist festsetzen, gelten stillschweigend als für ewig geschlossen, so z. B. die Verträge über Nichtgebrauch von Explosivstoffen im Krieg (St. Petersburg 1868), der Weltpostvertrag (Bern 1874). In den Verträgen, welche die staatsrechtliche Organisation von Staatenbünden begründen, wird die Ewigkeit ihrer Dauer gewöhnlich im Wortlaut hervorgehoben. (So im Vertrag der Nordamerikanischen Union). Ihrer Natur nach ewig sind diejenigen Staatsverträge, welche den Untergang eines der Kontrahenten als völkerrechtliches Subjekt bewirken. (So der Vertrag von 1815, kraft dessen das ehemalige Fürstentum Basel mit der Schweiz vereinigt wurde.)

11. Außerkrafttreten der Verträge

Staatsverträge treten außer Kraft

a) durch Erfüllung, wenn dieselbe in einem zeitlich beschränkten Akt besteht (z. B. Übergabe eines Gebietsteils, Kauf, Gewährung eines einmaligen Truppendurchzugs). Wenn aber die Erfüllung des Vertrages ihrer Natur nach eine permanente Handlung voraussetzt, so verliert der Vertrag seine Wirkung durch Erfüllung nicht (z. B. der Weltpostvertrag).

b) durch Ablauf der Frist, wenn eine solche festgesetzt wurde,

c) durch Rücktritt der Parteien. Ein einseitiger Rücktritt kann unter Umständen, wie erwähnt, die Anwendung völkerrechtlicher Mittel der Selbsthilfe seitens des anderen Kontrahenten zur Folge haben.

d) durch Krieg. Wenn zwischen zwei Staaten ein Krieg ausbricht,[1] so gelten in der Regel die von ihnen früher geschlossenen Verträge als aufgehoben. Dies kann sich jedoch nicht auf solche Verträge beziehen, die auch von dritten Staaten, die am Krieg

Nächste Seite »



[1] Fleiner: ?