Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 6, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2014, S. 813

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2. Alle sogenannten Schlachtkompanien und Kosaken sind aus der Stadt zu entfernen. Abschaffung des Kriegszustandes. Abschaffung der Todesstrafe.

3. Unverletzlichkeit der Person der Delegierten.

4. Völlige Freiheit außerhalb der Dienstzeit. Das Recht, alle öffentlichen Lokale und Versammlungen zu besuchen.

5. Errichtung von Bibliotheken und Lesehallen auf Kosten des Staates. Abonnement von Büchern, Zeitungen und Journalen nach Wunsch der Mannschaften.

6. Höfliche Behandlung der Mannschaften seitens der Offiziere und Anrede mit „Sie“. Abschaffung der Titulatur außerhalb der Dienstzeit.

8. Verkürzung der Dienstzeit: für Soldaten auf zwei Jahre (jetzt drei Jahre acht Monate), für Matrosen auf vier Jahre (jetzt sieben Jahre).

10. Sofortige Entlassung aller Reservisten sowie aller Mannschaften, die ihre aktive Dienstzeit ausgedient haben.

17. Die Offiziere sollen den Mannschaften während der Dienstzeit täglich zwei Stunden allgemeinen Unterricht geben.

Punkte 7, 9 und 11 bis 16 betreffen rein ökonomische Forderungen, wie Erhöhung des Gehalts, jährlicher Monatsurlaub, Pension für die Invaliden, Regelung der Bekleidungs- und Nahrungsfragen, Ausführung von Nebenarbeiten nicht durch die Mannschaften, sondern durch Lohnarbeiter, Verbot des Gebrauchs von Mannschaften zu häuslichen Bedienungszwecken usw.

Außerdem schließen sich die Matrosen und Soldaten den allrussischen Forderungen: 1. der sofortigen Einberufung einer Konstituierenden Versammlung auf Grundlage des allgemeinen, direkten, gleichen und geheimen Wahlrechts und 2. des achtstündigen Arbeitstages an.

Dieses Programm der Matrosen wurde am Montag, dem 14. November, überall verteilt und an den Straßenecken aufgeklebt.

Die Matrosen hatten den Admiral Tschuchnin zu wiederholten Malen gebeten, in den Marinekasernen zu erscheinen, um die Forderungen anzuhören. Doch obgleich sie sich für die Sicherheit seiner Person verbürgten und in das Feldlager, in dem der General sich befand, sogar eine Spezialpatrouille zu seinem Schutze entsandten, erschien Tschuchnin nicht.

Die Offiziere der Marinekasernen (der sogenannten Lasarew-Kasernen) hatten sich bereits am Sonnabend, den 12. November, aus den Kasernen zurückziehen müssen. Die Disziplin wurde von den Matrosen selbst in musterhafter Weise aufrechterhalten. Patrouillen durchzogen die Straßen der Stadt und verhafteten jeden Matrosen, der die Kaserne ohne Erlaubnisschein verlassen hatte. Die Branntweinläden waren geschlossen und es war nirgends ein Betrunkener zu sehen – eine sonst in Rußland an Feiertagen gerade nicht seltene Erscheinung. Ein Matrose, der mit einer Branntweinflasche in der Hand nüchtern auf der Straße einherging, wurde von der vorübergehenden Patrouille sofort in Haft genommen. Der Einfluß der Sozialdemokratie

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