Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 6, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2014, S. 768

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gestern durch Militärgefangene und meuternde Soldaten des Strafbataillons in Brand gesetzt. Das Feuer griff auf eine Reihe Läden über. Die Meuterer mit ihrer Kapelle an der Spitze marschierten im Zug nach dem Zivilgefängnis, um die Gefangenen zu befreien, wurden jedoch durch reguläre Truppen an der von der Stadt zu dem brennenden Zivilgefängnis führenden Brücke aufgehalten. Die Feuerwehr wurde am Löschen durch Salven der aus den Fenstern schießenden Gefangenen verhindert. Das Gefängnis wurde von den Truppen umzingelt. Die Meuterer des Strafbataillons wurden zum Teil, nachdem Schüsse gewechselt waren, festgenommen. Ein Teil ist auf der Flucht, ein anderer Teil umzingelt.

Die Schilderung ist natürlich im Sinne der offiziösen russischen Berichte gefärbt. Sicher trägt auch der Aufruhr der Truppen in Woronesh, wie überall, einen ausgesprochen politischen Charakter.

Eine alberne Ente

Der „Daily Telegraph“ veröffentlicht den folgenden, ihm von seinem Petersburger Korrespondenten gemeldeten Unsinn: Die deutschen Sozialdemokraten haben ihren russischen Gesinnungsgenossen dringend von nihilistischen Aktionen abgeredet, doch haben die Russen, die Geld dringender brauchen als gute Ratschläge, diese Mahnung entschieden zurückgewiesen.

Natürlich ist an der ganzen Meldung kein einziges Wort wahr.

Letzte Nachrichten und Depeschen

Die Revolution in Rußland

Petersburg, 5. Dezember. Über Eydtkuhnen kommen endlich von angeblich von „Privatseite“, wahrscheinlich aber durch die russische Regierung offiziös verbreitet, folgende mit Vorsicht aufzunehmende Nachrichten: Der Kommandeur des VII. Armeekorps, General Möller-Sakomelski, teilte, wie der „Ruß [Otetschestwa]“ [Rußland] erfährt, mit, daß bei der Beschießung der Kasernen in Sewastopol vier Matrosen und drei Revolutionäre getötet worden sind. 2000 Mann haben sich ergeben, darunter sind 1600 Matrosen und 400 Mann, von denen der größte Teil Agitatoren in Zivil, der Rest Infanteristen sind. Obgleich diese letzteren 400 Mann ebenfalls über Waffen verfügten, so trat bei ihnen doch der größte Mangel an Organisation zutage. Die Stadt ist wieder ruhig. Eine große Menge Hafenarbeiter ist zur Wiederaufnahme der Arbeit bereit und Straßenunruhen sind nicht zu erwarten. Die Meuterer verrieten trotz ihrer großen Zahl und ausgezeichneten Bewaffnung keine Energie und nur Ungewandtheit. Aus diesen Gründen sind auch die Menschenverluste geringer als irgendwo bei einem Zusammenstoße mit schlecht oder gar nicht bewaffneten Volksmassen. (Dem stehen neuere Meldungen gegenüber, nach denen 1800 Matrosen gefallen sein sollen!) Die Untersuchungskommission hat ihre Arbeit begonnen. An der Meuterei waren hauptsächlich Matrosen und Sappeure und Privatpersonen, meist Juden, beteiligt. Vom Brestschen

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