Das neu gegründete Blatt „Wperiod“ (Vorwärts), welches die Interessen des Proletariats vertritt, hat die Erlaubnis zum Erscheinen erhalten.
Warschau, 1. Dezember. (W.T.B.)[1] Der Kriegszustand in Polen ist heute aufgehoben worden.
Die Bastille des Zarismus
Einem im „Syn Otetschestwa“ [Sohn des Vaterlandes] veröffentlichten Bericht Melschins entnehmen wir folgende Daten über die grauenhafteste Folterkammer des Zarenreiches, die Schlüsselburger Festung. Zu einem politischen Gefängnis wurde sie am 13. August 1884 reorganisiert. Für sie wurde eine spezielle Gendarmerieverwaltung geschaffen, deren Beamte doppelte Gehälter bezogen. Der Unterhalt der Festung kostete dem Staat 75000 Rubel jährlich. Die hier Eingeschlossenen wurden einer vollkommenen Isolierung unterworfen; sie durften weder klopfen noch singen, noch pfeifen, noch schnell gehen. In den ersten Jahren der Haft wurden tagsüber die eisernen Betten aus den Zellen entfernt, so daß sogar die Kranken auf der kalten Diele liegen mußten. Bücher gab es in der Festung keine. Die Kranken lagen und starben in ihren Zellen. Sogar zu den Sterbenden wurden die Kameraden nicht hineingelassen, welche unter dem Einfluß des grausamen Regimes ihren Verstand verloren hatten; das Lachen und Schreien der Wahnsinnigen brachte oft die übrigen Eingekerkerten zur Verzweiflung. Vom Jahre 1884 an bis auf den heutigen Tag hat die Schlüsselburger Festung 67 Internierte – die „schwersten Verbrecher“ – in ihren Mauern beherbergt. Von diesen sind 13 hingerichtet worden, und zwar: Rogatschew, Stromberg, Uljanow, Generalow, Osipanow, Andrejuschkin, Schlewajew, Michin, Minakow, Balmaschkow, Kalajew, Gerschkowitsch und Wassiljew. Drei nahmen sich das Leben: Klimenko, Gratschewski, der sich mit Petroleum begossen hat und unter schrecklichen Qualen starb, und Sofija Ginsburg, welche sich mit einem Glasscherben vom Lampenzylinder die Adern öffnete. 16 Internierte starben am Irrsinn, an der Tuberkulose und am Skorbut. Zwei befinden sich augenblicklich im Kasanschen Irrenhause. Nach der Befreiung endeten drei früher in der Festung Inhaftierte mit dem Selbstmorde.
Es ist unmöglich, alle Greuel, die sich in der Stille dieser Folterkammer abspielten, wiederzugeben. So z. B. wurde die Leiche des hingerichteten Balmaschkow in eine mit ungelöschtem Kalk gefüllte Grube geworfen und über derselben ein Holzscheit aufgestellt; ebensolche „Denkmäler“ wurden auch über den Gräbern der im vergangenen Sommer hingerichteten Gerschkowitsch und Wassiljew errichtet. In einen der Flügel der Schlüsselburger Festung wurde einmal ein „Unbekannter“ eingemauert, dessen Schicksal bis auf den heutigen Tag ein Geheimnis geblieben ist. Trotz des