Bauernunruhen
Petersburg, 17. November. Die agrarischen Unruhen in den Provinzen, besonders im Gouvernement Kursk, dauern fort und nehmen noch immer größere Dimensionen an. Bauern zerstörten die Liegenschaften des Fürsten Apraksin, steckten die Gebäude in Brand, verwundeten den Fürsten und seine Gattin. Ebenso wurden andere Domänen der Umgegend ausgeplündert und in Brand gesteckt.
Petersburg, 16. November. (Meldung der „Petersburger Telegraphen-Agentur“.) Heute fand in Zarskoe Selo unter dem Vorsitz des Kaisers ein Ministerrat statt, in dem die Bauernfrage zur Beratung stand.
Verspätete Pazifizierungsversuche
Petersburg, 17. November. (Meldung der „Petersburger Telegraphen-Agentur“.) Ein allerhöchstes Manifest ist erlassen, durch welches für Bauern aller Kategorien die Auskaufszahlungen vom 14. Januar 1906 auf die Hälfte reduziert und vom 14. Januar 1907 ganz aufgehoben werden. Die Bauernagrarbank hat die Vorschrift, den Landankauf durch die Bank für die Bauern zu erleichtern und zu diesem Zwecke das Kapital der Bank zu erhöhen sowie größere Privilegien in bezug auf die Darlehen zu gewähren.
Der Generalstreik
Petersburg, 17. November. Der Telefonbetrieb ist heute Mittag eingestellt worden. Die Telegraphenbeamten verhandeln noch über den Anschluß an den Ausstand. Von Bahnen ist noch die Finnländische und die kurze Strecke nach Zarskoe Selo in Betrieb. Die Bäcker wollen am Sonntag in den Ausstand treten. Das Streikkomitee hat in einer Nachtsitzung beschlossen, im Ausstand zu verharren, bis eine auf der Grundlage des allgemeinen, direkten Wahlrechts gewählte demokratische Regierung an die Spitze tritt. Auf die Sympathien Wittes[1] verzichteten die Arbeiter.
Petersburg, 16. November. (Meldung der „Petersburger Telegraphen-Agentur“.) Die Stadt ist ruhig. Das Personal mehrerer Apotheken hat sich dem Ausstand angeschlossen. Die Zeitungen sind nicht erschienen. In den Elektrizitätswerken sind die Ausständigen durch Matrosen ersetzt. Die Nikolaibahn hat um drei Uhr nachmittags den Betrieb eingestellt.
Moskau, 16. November. (Meldung der „Petersburger Telegraphen-Agentur“.) Die Arbeiter sind dem von dem Delegiertenrate in Petersburg vorgeschlagenen Ausstande abgeneigt. Die Mehrzahl weigert sich, für die Sache Polens zu streiken. (Dies die offiziöse Meldung. Wahrscheinlicher ist, daß der Generalstreik in Moskau erst organisiert wird.)
[1] Graf Witte war von 1892 bis 1903 Finanzminister und von Oktober 1905 bis April 1906 Ministerpräsident Rußlands. Er war Monarchist, aber zeitweilig zu einem Bündnis mit der Großbourgeoisie und zu konstitutionellen Zugeständnissen bereit. Letzten Endes war er maßgeblich an der Unterdrückung der Revolution beteiligt.