nicht durch das Mittel des Parlamentarismus, noch durch die Gewerkschaftskämpfe ausgeglichen werden. Gewaltige Kämpfe im Ruhrgebiet und anderswo werden beginnen, und diese unüberbrückbaren Schranken werden wir durch unsere Organisationen nicht fallen lassen können. Unsere Gewerkschaftsblätter sind es, die ihrer Pflicht folgen, die in der letzten Zeit die deutsche Arbeiterschaft mit Gewalt aufrütteln, ihnen die neuen Praktiken der Unternehmer betr. der Aussperrungen vor Augen führen. Die Aussperrungen sollen dazu angetan sein, die Gewerkschaften zu sprengen. Es ist die Aussperrung ein gewaltiges Mittel, die Gewerkschaften niederzuschlagen, und dieses Mittel wenden nicht nur die Herren im eigenen Hause, sondern auch im Staate an. Da könnte es kein anderes Mittel geben, sich gegen diese Herren zu wehren, als sie mitsamt dem Staate und Kapitalismus zum Teufel zu jagen.
Bernstein predigt ja die Tarifverträge. Rednerin erläutert die Tarifverträge in der Textilindustrie und ist auch damit nicht einverstanden. Die deutsche Arbeiterschaft muß sich nach neuen Kampfesmitteln umsehen und diesen sich zuwenden.
Wir gehen somit zu der Erörterung des politischen Massenstreiks über. Hier wie bei jeder Frage eines neuen Problems ist es wohl wichtig, wenn man sie wissenschaftlich behandelt. Es sind hier in der glorreichen Republik Hamburg ebenfalls schon Vorträge über den Massenstreik gehalten worden.[1]
Es sind zwei Strömungen vorhanden: die eine für den Generalstreik (Friedeberg) und die andere Strömung sagt Generalstreik Generalunsinn. Die berufenen Vertreter dieser letzten Auffassung werden sie wohl auch kennen. Die Strömung für den Generalstreik glaubt, durch ihre Predigten die Arbeiterschaft von der Nützlichkeit und Notwendigkeit des Massenstreiks soweit zu überzeugen, daß die Arbeiterschaft erklärt, am nächsten Bußtag machen wir den Generalstreik und er ist fertig. Die andere Strömung glaubt, wenn sie heute in einer gut besuchten Versammlung erklärt, Generalstreik ist Generalunsinn, dann ist die Frage verschwunden. Wieder andere stehen auf demselben Boden, sie sagen, die Beschlußfassung über die Anwendung des Generalstreiks soll von dem freien Willen der Arbeiterschaft abhängen. Die Breslauer Genossen machten den Vorschlag, am nächsten Bußtag auf die Straße zu gehen, ob sie da hingehen, hängt von dem Beschluß der betr. Genossen ab, ob aber die Massen wirklich auf die Beine gebracht werden können, das wissen sie nicht. Unsere Grundprinzipien sind historisch abgeleitet, sie müssen heilig gehalten werden, aber unsere Taktik, die hat immer danach zu fragen, was wir für gut und nützlich halten.
Der Massenstreik ist eine ebensolche geschichtliche Entwicklung als der Parlamentarismus. Der Parlamentarismus widersprach erst auch unserem Prinzip, aber wir stecken unsere Nase in alle Spalten des sozialen Lebens, deshalb sind wir auch ins Parlament eingetreten, und wir sind dadurch zu einer so großen Partei in Deutschland geworden. Wenn der Parlamentarismus uns bis zu einem gewissen Zeitpunkt dazu
[1] Laut Hamburger Echo Nr. 203 vom 30. August 1905 hatte Karl Frohme über das Thema „Generalstreik und politischer Massenstreik“ am 29. August 1905 in einer Mitgliederversammlung der Zahlstelle der Zimmerer referiert. Er lehnte den politischen Massenstreik als ein Mittel des Anarchismus strikt ab.