Der besser situierte Bauer, der seine Mittel in ein gutes Stück Boden gesteckt hatte, wurde zum Gegner der Umteilungen, die ihm seinen Besitz aus den Händen rissen, um ihn einem anderen zuzusteuern. Die wirtschaftliche Ungleichheit führte so zur Verlängerung der Fristen zwischen den einzelnen Umteilungen, diese wurden immer seltener. Aber je seltener die Umteilungen, um so größer wiederum die Ungleichheit: Der längere Besitz der Parzellen durch die einzelnen Bauern steigerte die Unterschiede – das Wohlhaben bei den Besitzern besserer Wirtschaften, die Not bei solchen, die geringeren Boden mit schlechteren Werkzeugen bearbeiteten. Es bildeten sich Klassen und Antagonismen aus dem Schoße der „kommunistischen“ Gemeinde heraus.
Bald führte die Ungleichheit auch zur Proletarisierung. Da die staatlichen Abgaben notorisch 50, 100 und bis 200 Prozent des Einkommens aus der Bauernwirtschaft bildeten, so verwandelte sich der Bodenbesitz für die Minderbegüterten in eine Last, in eine Zwangsarbeit. Die einen ließen ihre Anteile brach liegen, um sich ganz der Industriearbeit zu widmen, die anderen übertrugen ihre Anteile auf reichere Gemeindegenossen, um sich auf „eigener“ Parzelle in eine Art Leibeigenschaft bei einem anderen Bauern zu begeben.
Über kurz oder lang verwandelte sich die ganze Gemeindeeinrichtung in eine Plage für alle ihre Mitglieder: Für Reiche, weil sie in all ihrem Tun und Lassen an die Beschlüsse der Gemeindemehrheit gebunden waren, für Arme, weil sie von dem Gemeindebesitz im Grunde genommen nichts als die Steuerpflicht hatten. Die Gemeindeverfassung wurde zum offenbaren Unsinn und zu einer Fessel der ökonomischen, sozialen und politischen Entwicklung obendrein: Sie hielt die Arbeitskräfte am Boden fest und erschwerte ihren Abfluß an die Industrie, sie hemmte zugleich auch den landwirtschaftlichen Fortschritt innerhalb der Gemeinde.
Was die Gemeindegenossenschaft nunmehr zusammenhielt, war nicht mehr das Interesse, sondern – der Zwang der Solidarhaft bei der Steuerentrichtung. Ob der einzelne Bauer etwas hatte oder nicht, ob er seine Parzelle bearbeitete oder liegen ließ, die Steuer mußte von der Parzelle bezahlt werden, und zahlte er sie nicht, so mußten es die anderen. Das wurde nun zur eisernen Fessel für den ärmeren Bauer. Hatte er kein Geld für die Steuer, so verkaufte die Gemeinde sein Vieh, seine Gerätschaft, sein Hab und Gut. War er nun rein abgebrannt und wollte er ausreißen, so hielten ihn die Reicheren fest, zwangen ihn, die ruinierte Wirtschaft weiterzuführen, prügelten ihn kraft des Gemeindebeschlusses durch – er mußte in der Gemeinde bleiben. Die berühmte Obschtschina, dieses Surrogat des sozialistischen „Zukunftsstaats“ in der Einbildung älterer russischer Sozialisten, wurde zu einer Zwangsgenossenschaft zur gegenseitigen Steuereintreibung.
Und nun hebt die Zarenregierung die Hand, um auch an dieses letzte Bindeglied der von Innen gänzlich unterwühlten und zersetzten Gemeinde die Axt zu legen! Dieselbe Alleinherrschaft, die einst in den eigenen Interessen die Bauerngemeinde