Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 6, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2014, S. 417

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neral Grolman 1832 sagte], um sichere Leute, die am preußischen Staate festhalten, in jener Provinz zu gewinnen“.[1]

Wer mochten wohl die „unsicheren Leute“ der polnischen Provinzen sein, die es auszurotten galt?

Für jedermann, der mit den polnischen Verhältnissen überhaupt und in den preußischen Teilen Polens im Besonderen einigermaßen vertraut ist, ist es eine alte und stehende Tatsache, daß separatistische Bestrebungen der polnischen Bevölkerung seit Jahrzehnten nur in der Phantasie strebsamer preußischer Polizisten und des wild gewordenen deutschen Kleinbürgers der Ostprovinzen existieren. In Russisch-Polen war es die eigentümliche kapitalistische Entwicklung, die alle nationalen Bestrebungen unterbunden und schließlich seit den 60er Jahren gänzlich begraben hat. Was aber in dem russischen Teile die kapitalistische Bourgeoisie, das hat in Preußen-Polen – der Grund besitzende Adel fertiggebracht. In den vorwiegend agrarischen Provinzen mit einem kümmerlichen Kleinbürgertum war und ist er die herrschende und tonangebende politische Klasse, er beherrscht das ganze intellektuelle Leben, er hat die parlamentarische Vertretung der Provinz im Landtage wie im Reichstage gänzlich monopolisiert. Preußen müßte aber nicht das klassische Junkerparadies sein, das es seit jeher und besonders seit dem Bismarck-Regiment ist, wenn der polnische Junker nicht in Preußen mit dem seiner Kaste eigenen Instinkt sein wahres Vaterland erkennen sollte.

Das Verhalten der „Polen“ im Landtag wie im Reichstag, der „konservativen“ – im Sinne der preußischen status quo-konservativen! – Posener Presse zeigen dies auf Schritt und Tritt.

Und gegen diese polnischen Junker, die für die Vermehrung des deutschen Reichsheeres stimmen, desselben Heeres, das die geringste Regung der Polen im Blute ersticken würde, gegen diese Admiralskis, die für die Vermehrung der deutschen Kriegsflotte schwärmen und für die „nationale“ Reichspolitik auf dem Gebiete des Zollsystems ihre Stimme abgeben, gegen diese Kos´cielskis, die erst vor einigen Tagen im Landtag die Geschäftsführung der antipolnischen Ansiedlungskommission von dem Standpunkte kritisierten, daß sie – „das monarchische Gefühl in Preußen untergrabe“, gegen diese Junker, die in ihren Blättern erklärten, einem von deutschen Gerichten unaufhörlich zu härtesten Freiheitsstrafen verdonnerten polnischen Käseblättchen geschehe schon recht, weil es eine „zu scharfe Sprache“ führe, gegen diese adeligen Biedermänner, die jeden Schatten eines separatistischen Gedankens in der polnischen Gesellschaft als „verbrecherische Abenteurerpolitik unausgegorener Gymnasiastenhirne“ denunzieren, die mit einem Wort bei dem leisesten Geräusch einer polnischen Nationalbewegung wie erschrockene Kaninchen Seitensprünge machen und in den schützenden Stall der preußischen Militärmonarchie flüchten, gegen diese „gefährlichen Menschen“ ist also die ganze preußische Haupt- und Staatsaktion gerichtet?! Großer Schatten des Säkular

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[1] Bismarckreden 1847–1895, S. 306.