Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 6, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2014, S. 306

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Ich möchte nun auf die praktische Seite unserer Resolution zu sprechen kommen.[1] Sie besteht in dem Vorschlag, eine ständige internationale Aktion zur Bekämpfung des Militarismus einzuleiten. Bisher, Bürger, bestand die internationale sozialistische Solidarität vor allem in Grundsatzerklärungen und in regelmäßigen Beratungen der sozialistischen Repräsentanten auf Kongressen. Eigentliche Aktivitäten aber beschränkten sich bis jetzt hauptsächlich auf den wirtschaftlichen und den gewerkschaftlichen Bereich. Und nicht ohne Grund hatte die internationale Solidarität bis heute nur diesen Charakter, denn während die wirtschaftlichen Bedingungen für das Proletariat in allen Ländern fast die gleichen sind, sind die politischen Bedingungen dort doch sehr unterschiedlich. Aber auch hier wird die schon erwähnte Weltpolitik die politischen Bedingungen in allen Ländern verändern.

Seit Beginn dieser neuen Ära sehen wir überall, sei es in der Französischen Republik oder unter dem absolutistischen Regime in Rußland, sei es im alten England oder im jungen deutschen Kaiserreich, die gleiche Vorherrschaft des Militarismus, die gleiche Kolonialpolitik, die gleiche Reaktion; und alle Länder leben beständig im Kriegszustand. Doch eben diese einheitliche Reaktion wird in allen Ländern eine neue

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[1] Die Resolution, die einstimmig angenommen wurde, lautete: „Bezugnehmend auf die Beschlüsse der Internationalen Sozialistenkongresse von Paris 1889, Brüssel 1891 und London 1896, die den Militarismus als eines der verhängnisvollsten Ergebnisse der kapitalistischen Ordnung verurteilten und die Abschaffung der stehenden Heere, die Errichtung internationaler Schiedsgerichte sowie die Entscheidung über Krieg und Frieden durch das Volk verlangen;

in Erwägung ferner, daß die seit dem letzten Internationalen Kongreß eingetretenen Ereignisse klargelegt haben, wie sehr die bisherigen politischen Errungenschaften des Proletariats sowie die gesamte ruhige und normale Entwicklung der heutigen Gesellschaft durch den Militarismus besonders in seiner neuesten Form als Weltpolitik bedroht werden;

in Erwägung endlich, daß diese Politik der Expansion und des Kolonialraubs, wie uns der Kreuzzug gegen China zeigt, internationale Eifersüchteleien und Reibungen entfesselt, die den Krieg in einen permanenten Zustand zu verwandeln drohen, dessen wirtschaftliche, politische und moralische Kosten das Proletariat allein zu tragen hätte, erklärt der Kongreß:

1. daß es nötig ist, daß die Arbeiterpartei in jedem Lande mit verdoppelter Wucht und Energie gegen Militarismus und Kolonialpolitik auftrete;

2. daß es vor allem unbedingt notwendig ist, die weltpolitische Allianz der Bourgeoisien und Regierungen zur Verewigung des Krieges durch eine Allianz der Proletarier aller Länder zur Verewigung des Friedens zu beantworten, d. h., von mehr oder minder platonischen Demonstrationen der internationalen Solidarität auf politischem Gebiet zur energischen internationalen Aktion, zum gemeinsamen Kampf gegen den Militarismus und die Weltpolitik überzugehen;

Als praktisches Mittel hierfür beschließt der Kongreß:

1. daß die sozialistischen Parteien überall die Erziehung und Organisierung der Jugend zum Zweck der Bekämpfung des Militarismus in Angriff zu nehmen und mit größtem Eifer zu betreiben haben;

2. daß die sozialistischen Vertreter in allen Parlamenten unbedingt gegen jede Ausgabe des Militarismus, Marinismus oder der Kolonialexpeditionen zu stimmen verpflichtet sind;

3. daß die ständige internationale sozialistische Kommission [ISB] beauftragt wird, bei allen entsprechenden Gelegenheiten von internationaler Tragweite in allen Ländern eine gleichzeitige und gleichförmige Protestbewegung gegen den Militarismus ins Leben zu rufen.“ Internationaler Sozialisten-Kongreß zu Paris, 23. bis 27. September 1900, Berlin 1900, S. 27 f.