Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 6, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2014, S. 258

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Die acht „praktischen Vorschläge“ des zaristischen „Programms“ aber sind im günstigsten Falle, in der phantastischen und unbegründeten Voraussetzung, daß sie aus akademischen Vorschlägen zur Wirklichkeit würden, nichts als Palliativmittel, die das Wesen und den Bestand des kulturwidrigen Militarismus gar nicht berührten.

Man will den Krieg damit „humanisieren“, nicht ihn unmöglich machen, man will sozusagen die Massenmordsbetriebs-Unternehmungen der Großstaaten zu einem Industriekartell mit bestimmter Regelung und Begrenzung der Produktion schaffen, das den wilden Wettbewerb einschränkt.

Indes ist das Ganze ja nur ein Phantasiestück. In einer amtlichen Notiz verkündet der Petersburger „Regierungsbote“: Aus dem Rundschreiben vom 30. Dezember (11. Januar) ergibt sich, daß es keineswegs in der Absicht der Regierung lag, ein endgültiges Programm für die Arbeiten der Konferenz aufzustellen. Die Regierung ließ sich von der Erwägung leiten, daß es Sache der Mitglieder dieser Konferenz ist, alle Seiten des angegebenen Problems klarzustellen. Sie glaubte daher, nur vorläufig große Fragen vorschlagen zu müssen, die man zur Zeit der gemeinsamen Festsetzung eines detaillierten Konferenzprogramms in Erwägung zu ziehen hätte. Was die technischen Fragen anbetrifft. so müßten diese selbstverständlich unter der Beihilfe von Spezialisten ausgearbeitet werden, und wäre die Zulassung der weitgehendsten Untersuchung und Durchberatung wirksamer Mittel notwendig, um der übermäßigen Zunahme der gegenwärtigen Rüstungen Einhalt zu tun. Indem man die Lösung dieser verwickelten Fragen erleichtert, wird man zur Herstellung eines Einvernehmens unter den Mächten und infolgedessen zur Verwirklichung der großherzigen Ziele des Kaisers beitragen.

Wenn mit nicht mißzuverstehender Ironie der Kriegsminister v. Goßler die neue deutsche Militärvorlage geradezu mit der Berufung auf die zaristische Friedenskundgebung begründet,[1] wenn man sieht, daß ein Militärstaat nach dem andern, große und kleine, von Washington bis Stockholm, vom Goldenen Horn bis nach London mit verdreifachter Tatkraft Heer- und Flottenverstärkungen vorbereitet und durchführt, und daß der jetzt mit der Friedenspalme posierende Zarismus alle seine gewaltigen Kräfte zusammenfaßt, um sich für den Entscheidungskampf um die Vorherrschaft in Asien gegen das stolze Albion zu rüsten, so erscheint das zweite russische Rundschreiben geradezu als ein frivoler Hohn auf die ganze Friedenspolitik.

Auch nur der Schimmer eines Scheines, daß die mit der jetzigen Tagesordnung geplante Konferenz irgendwie auch nur platonisch mit diplomatischen Doppelbo

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[1] Die Militärvorlage war am 6. Dezember 1898 in den Reichstag eingebracht und am 12. Dezember 1898 vom Staatssekretär des Reichsschatzamtes, Freiherr von Thielmann, zum Entwurf des Reichsetats 1899 begründet worden. Es war vorgesehen, die Zahl der Unteroffiziere und Mannschaften um 26 576 Mann zu erhöhen, die zweijährige Dienstzeit bis 1904 zu gewährleisten und die Armeekorps, die Artillerie und Kavallerie zu vermehren. Siehe Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags. X. Legislaturperiode. I. Session 1898/1900. Erster Band (Band 165.), Berlin 1899, S. 19 f. Die Rede des preußischen Kriegsministers, Heinrich von Goßler, siehe ebenda, S. 186.