Mühe, das, was der andere sagt, ruhig aufzufassen und, wenn etwas nicht unter ihre Schablone paßt, dann wird es als „konfus“, als „seicht“, als „philisterhaft“ und wie die freundlichen Epitheta sonst lauten, verspottet.
Ich soll „über den Inhalt des ganzen Streites“, nämlich des Streites „zwischen der revolutionären und opportunistischen Richtung“, die „konfuseste Vorstellung“ haben. Ich hatte gesagt, es sei verfehlt, wenn der Verfasser des Glossen-Artikels in der „Leipz. Volksztg.“ einen Gegensatz innerhalb der Partei zwischen „proletarisch-revolutionärem Geist“ und „Kleinbürgerei“ feststellen wolle. Auch Genossin „rl.“ schließt sich jetzt der Behauptung jenes Artikels an, indem sie den tieferen Grund für alle verschiedenen Strömungen in der Partei nicht innerhalb des Proletariats, sondern auf der Scheidelinie[1] zwischen Proletariat und seinem sozialen Nachbarn, dem Kleinbürgertum, suchen will. Aber auch „rl.“ bringt nicht den Schatten eines Beweises kleinbürgerlicher Auffassungen in der Partei bei. Wohl aber begeht sie die sonderbare Verwechslung von kleinbürgerlichen Anschauungen mit den sogenannten opportunistischen Anschauungen. Die „praktische Politik“, die einige Parteigenossen besonders betonen zu müssen glauben, ist keine „Kleinbürgerpolitik“, sondern, wenn man so will, eine „gemäßigte“, aber jedenfalls durchaus proletarische Politik.
Welches sind denn die „praktischen Politiker“ in der Partei? Wenn man darunter etwas Klares und wirklich in Erscheinung Getretenes verstehen will, so sind es Parteigenossen, welche sich mit besonderem Eifer der Lösung brennender Aufgaben des Tages widmen und über dieser Tätigkeit die sozialistischen Ziele, welche derselben Richtung und Plan geben, mehr aus den Augen lassen. Das sind also Leute, die kleinen Fortschritten in der Gewerkschaftsbewegung und kleinen Erfolgen in der Arbeiterschutzgesetzgebung ein großes, meinethalben sage man manchmal ein zu großes Gewicht beilegen. Aber sind diese Leute darum „Kleinbürger“? Hatte das Arbeiterschutz-Aktionsprogramm, das einst Vollmar aufstellen wollte und das wohl der weitgehendste Versuch in unseren Reihen war, „praktische Politik“ zu treiben, hatte jenes Programm einen „kleinbürgerlichen“ Charakter? In aller Wege nicht. Ich glaube mich aber gegen die Benennung der „praktischen Richtung“ der Partei mit diesen Namen wenden zu sollen, weil derselbe geeignet ist, zahlreiche Parteigenossen, die keinesfalls zu unseren schlechtesten zählen, unberechtigterweise lächerlich zu machen und ganz falsche Meinungen über deren Anschauungen unter den Arbeitern zu verbreiten.
Also nicht bei mir herrscht „Konfusion“, sondern gerade bei Genossin „rl.“, welche Opportunismus, praktische Politik und Kleinbürgerei kunterbunt durcheinanderwirft. Diese Unklarheit, die auf ihrer Seite besteht, verleitet sie alsdann zu der weiteren falschen Behauptung, daß ich „das Streitobjekt zwischen der revolutionären und der opportunistischen Richtung der Partei“ in den Worten: Hier „Verelendung