Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 6, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2014, S. 194

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deten Schichten der Arbeiterklasse zu vertreten; diese scheiden vielmehr, sobald sie unter das Niveau ihrer Klasse herabsinken, in das Lumpenproletariat aus, und damit verschwinden sie überhaupt aus dem Zielbereich der Sozialdemokratie. Solange sie als solche besteht, vertritt sie nur das industrielle Proletariat im ganzen, und sucht man wie „gr.“ nach „tiefstem materiellen Grund“ für die verschiedenen Strömungen in der Partei, so muß dieser Grund nicht innerhalb des Proletariats, sondern auf der Scheidelinie zwischen dem Proletariat und seinem sozialen Nachbarn – dem Kleinbürgertum – gesucht werden. Die ganze künstliche Konstruktion „gr.’s“ mit den zwei Schichten des Proletariats, die den Zweck hatte, das Kleinbürgertum aus der Debatte zu eliminieren, hat zur Voraussetzung – einen Zerfall der Sozialdemokratie und zum Ergebnis – den Widersinn, wonach die opportunistische Richtung das revolutionäre und die revolutionäre Richtung das reaktionäre Element in der Arbeiterklasse vertritt. Stülpt man den Widersinn um, so gelangt man zu der einzig möglichen Erklärung, derjenigen, die „gr.“ eben um jeden Preis widerlegen wollte: daß die Partei in ihrem revolutionären Kerntrupp das industrielle Proletariat, der opportunistische Flügel dagegen die in die Partei hineingekommenen kleinbürgerlichen Elemente unbewußt vertritt.

Es drängt sich noch eine Frage auf. Wenn die eine der streitenden Richtungen in der Partei die aufsteigenden, die andere die herabsinkenden Schichten der Arbeiterklasse vertritt, welche Schicht des Proletariats bringt wohl die Redaktion des „Vorwärts“, die zwischen den beiden Richtungen die Mitte einnimmt, zum Ausdruck? Da sie zwischen der opportunistischen und der revolutionären Richtung in allen strittigen Fragen nach dem Ausdruck des Genossen „gr.“ „eine wesentlich vermittelnde Haltung einnimmt“, so wird sie offenbar irgendeine Schicht des Proletariats vertreten, die weder aufsteigt noch herabsinkt, weder vorwärts noch rückwärts schreitet. Es dürfte dies wahrscheinlich die Schicht – der Kannegießer sein, die, wie wir vermuten, wenn auch nicht in der Gewerbestatistik Deutschlands, so wenigstens in der Politik eine „schier unerschütterliche Phalanx“ darstellen…

IV

Der Berliner Briefschreiber der „Neuen Zeit“[1] schreibt über den Stuttgarter Parteitag:

„In der Tat, wenn es die höchste Aufgabe der Parteitage ist, gewissermaßen die Bilanz der Parteientwicklung zu ziehen, zu zeigen wo alles in Ordnung ist und wo es vielleicht hapert, nicht nur den Reinertrag, sondern auch den Fehlbetrag aufzudecken, dann sind wir die ersten, dem Stuttgarter Parteitag das uneingeschränkteste Lob zu spenden. Eben weil er geistig so hoch stand, höher als mancher frühere Parteitag, so

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[1] Der Berliner Briefschreiber des Artikels „Der Stuttgarter Parteitag“ in der Neuen Zeit vom 12. Oktober 1898 ist Franz Mehring, siehe Die Neue Zeit, Jg. XVII, 1898/1899, Erster Band, S. 97 ff. – Franz Mehring: Gesammelte Schriften. Hrsg. von Prof. Dr. Thomas Höhle, Prof. Dr. Hans Koch, Prof. Dr. Josef Schleifstein, Bd. 14, Politische Publizistik 1891–1904, Berlin 1964, S. 254 ff.