Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 6, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2014, S. 100

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der Produktion bis zur Realisierung der Waren auf dem Markte gerechnet – ½ bis 1 Jahr dauert, die Arbeiter aber je alle 2 Wochen, manchmal oder auch jede Woche Zahlung bekommen, so daß der Unternehmer ein Vorratskapital im Voraus haben muß u. es nicht aus der laufenden Produktionsperiode stückweise absorbiren entnehmen kann.

Hier wie auf so vielen anderen Gebieten der Natök. hat wurde die wirkliche Kritik erst von Marx gegeben.

Vor allem wies er – seiner dialektischen Methode ge mäß treu nach, daß es kein absolut gültiges Lohngesetz geben kann: jede Produktionsweise habe ihr Populationsgesetz wie ihr besonderes Lohngesetz.

Sodann konstruiert er das Lohngesetz der großindustriellen Produktionsperiode. Dieses sei von 2 Momenten bedingt, auf der einen Seite von einer sog. der beständigen Kapitalreserve, auf der anderen Seite von der beständigen Reservearmee der Arbeiter. Die Akkumulation des Kapitals einerseits, die Proletarisierung der Mittelschichten der Bevölkerung, der kleinen Produzenten, andererseits seien bereits so vorgeschritten, daß die Produktionsbedürfnisse heute auf keiner Seite, weder auf der Seite des Kapitals, noch auf der der Arbeiter auf eine natürliche, sozusagen physische Grenze Schr[anke] stoßen kann: Die Erweiterung der Prod. könnte an sich ins Ununendliche sein u. immer würde sie Kapital u. Arme (in doppeltem beiden Sinnen Sinne) ganz vorfinden. Wovon hängt also in Wirklichkeit die Verhältniss Menge der beschäft. Arbeiter u. ihr die Größe ihrer Löhne? V Einzig u. allein von dem jeweiligen kapitalistischen Interesse, von dem Verwertungsbedürfnis des Kapitals. Diese hängen aber einerseits von dem Markte ab, u. da der Markt heute ein Weltmarkt geworden, worauf Welt huragane orkane wüten, eine jeden Augenblick veränderliche Größe ist, andererseits von der Produktionstechnik, welche ebenfalls alle Augenblicke das Int. Verwertungsbedürfnis des Kapitals verschiebt. Somit hängt heute die sog. Nachfrage nach Arbeit weder von der Kapitalgröße noch von der Arbeiterzahl, sondern von der ganzen Summe der Markt- u. Produktionsbedingungen, welche beständig fluktuieren, u. deren Summe – eben die ganze heutige Produktionsweise selbst ist bild. Das heutige Lohngesetz – ruft Marx aus – ist schlimmer als „ehern“ – es ist „elastisch“! Sein Name ist heute weder „Lohnfonds“, noch ein anderes Spezialgesetz, sein N sondern – die ganze heutige Wirtschaft, sondern – der Kapitalismus selbst! …

Wir haben eingangs erwähnt, daß eine neue Theorie, diejenige von Prof. J. Wolf, beide Theorien – die Lohnfondstheorie wie die Theorie der ind. Reservearmee von Marx verwirft. Prof. Wolf sagt, die Theorie Ricardo-Lassalle sei falsch, weil erstens erhöhter Lohn nicht notwendig vermehrte Kinderzeugung hervorruft u. zweitens die Nachfrage nach Arbeitern mit ihrer Zahl auch zunehmen kann. Diese beiden Argumente stimmen im wesentlichen mit der Kritik, die Marx der Lohnf.theorie widerfahren läßt, vollständig überein u. insoweit ließe sich eine gemeinsame Theorie bis

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