Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 6, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2014, S. 752

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In der Zwischenzeit hatten zwei regierungsfreundliche Regimenter die Matrosen aus den Lazarew-Kasernen mit großen Verlusten zurückgeworfen und gingen dann zum Angriff gegen die drei nördlichen Forts, die im Besitze der Meuterer waren, vor. Die beiden Regimenter erstürmten die Forts und nahmen sie durch einen Bajonettangriff. Die Verluste der Meuterer bei diesem blutigen Handgemenge waren sehr groß.

Offiziell wird das Gemetzel wie folgt dargestellt: Petersburg, 30. November. Aus Sewastopol wird gemeldet: Gestern Nachmittag um 3 Uhr wurde das Schwarzmeergeschwader, welches mit dem Kreuzer „Otschakow“ gemeinsame Sache machte und die Andreasflagge durch die rote Flagge ersetzt hatte, durch Signale vom Ufer aus aufgefordert, sich zu ergeben. Die Antwort lautete ablehnend. Hierauf erhielten die Batterien der Nordseite Befehl, gegen das Geschwader das Feuer zu eröffnen, doch auch diese Batterien machten mit dem Geschwader gemeinsame Sache und begannen mit diesem zusammen die Stadt, hauptsächlich die Batterien der Südseite, zu beschießen. (Natürlich eine infame Lüge. Das rebellische Geschwader hatte gar keinen Anlaß, „die Stadt“ zu beschießen.) Leutnant Schmidt kommandierte das Geschwader. Die Hälfte der Stadt ist zerstört worden, aber auch das Geschwader hat stark gelitten. „Otschakow“ und „Dnester“ wurden in den Grund gebohrt, „Potjomkin“ ist stark beschädigt. Einige Torpedoboote sind aufgelaufen. Das Regiment Brest unternahm einen Sturmangriff gegen die Batterien, um sie zum Schweigen zu bringen. Als um 5 Uhr nachmittags Leutnant Schmidt tödlich verwundet worden war, ergaben sich die Meuterer.

Das Echo

Der Petersburger Korrespondent des „Daily Telegraph“ meldet, daß eine neue Meuterei in Libau ausgebrochen ist. Auch in Kronstadt soll eine neue Meuterei im Gange sein.

In Petersburg

Dem „Berliner Tageblatt“ wird mitgeteilt: Hier wird auf Befehl des Stadthauptmanns die Entwaffnung der Arbeiter durch Kosaken fortgesetzt, wobei vielfach blutige Zusammenstöße zu verzeichnen sind. Unter den hiesigen Postbeamten herrscht eine gefährliche Gärung, ein allgemeiner Streik konnte bisher nur durch Militärgewalt niedergehalten werden.

Petersburg, 30. November. Aus der Provinz fehlen jede Nachrichten, da die Verbindungen gänzlich zerstört sind. Die Arbeiter erklären, der politische Generalstreik werde am Montag, dem 4. Dezember, beginnen.

Vorwärts (Berlin),

Nr. 281 vom 1. Dezember 1905.

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