Der Generalstreik vor einem neuen Anlauf
Petersburg, 26. November. Der Ausstand in Moskau gewinnt fortgesetzt an Ausdehnung. Die Arbeiter demolieren täglich Fabriken sowie Privathäuser. (Sicherlich eine offiziöse „Verwechslung“: Regierungslumpen, nicht Arbeiter.) Die in den letzten Tagen durch die Streikunruhen verursachten Verluste belaufen sich auf etwa eine Million Rubel. Die Kolomnasche Maschinenbauanstalt wird am 28. November geschlossen; die gegen 6000 Mann betragende Arbeiterschaft wird entlassen. Der Staßenbahnerausstand dauert fort.
Petersburg, 26. November. Die Zahl der Ausständigen in Petersburg beträgt jetzt 24000 Mann.
Der Bauernaufstand dehnt sich aus!
Petersburg, 26. November. Die agrarischen Unruhen haben sich nunmehr auch auf die Gouvernements Naschazizu und Smolensk ausgedehnt. Im Gouvernement Woronesh steckten Bauern das Eigentum des Herzogs von Oldenburg in Brand.
Der „Lokal-Anzeiger“ bringt die folgende Privatdepesche: Moskau, 26. November. Diese Woche tagte hier der Delegiertenkongreß des Bauernbundes. Etwa 160 Delegierte waren erschienen. Die mit großer Leidenschaft geführten Verhandlungen waren von rein revolutionärem Geist erfüllt. Hauptgegenstand der Tagesordnung bildete die wirtschaftliche Hebung des Bauernstandes und die Agrarreform. Der Kongreß forderte die Kommunalisierung des Grund und Bodens und die Einberufung einer Konstituierenden Versammlung, welche die Zuwendung des Bodens an die Gesamtheit auf legislatorischem Wege durchführen soll. Wird diese Forderung nicht erfüllt, so wollen die Bauern alle Gutsbesitzer boykottieren, den landwirtschaftlichen Generalstreik proklamieren, die Steuerzahlungen, die Stellung von Remonten und Reservisten verweigern, alle Einlagen aus den Sparkassen und Banken nehmen und die Branntweinbuden gewaltsam schließen.
Vorwärts (Berlin),
Nr. 278 vom 28. November 1905.