Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 6, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2014, S. 640

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daten erhaltenen Säbelwunden an Köpfen und Schultern behandelt. Der in Odessa angerichtete Schaden wird auf 20 Millionen Mark geschätzt.

Odessa, 7. November. Der Vorsitzende der Handelskammer sandte ein dringliches Telegramm an den Finanzminister, worin er ihm mitteilt, daß die Plünderungen und Verbrechen, durch die der Handel schwer geschädigt würde, immer noch fortdauern. Der völlige Ruin des Handels sei unabwendbar. Eine Anzahl Geschäfte und Banken hatten gestern geöffnet, mußten aber um acht Uhr, als die Unruhen wieder begannen, schließen. Der Präsident der Handelskammer sandte ein zweites Telegramm an Witte, in dem er ihn bat, seine Vaterstadt zu retten. Eine Antwort von Witte ist noch nicht eingetroffen. Die Stadt Ackerman in der Nachbarschaft Odessas steht in Flammen. Im Bezirk von Odessa dauern die antisemitischen Bewegungen fort. Agitatoren haben sich auf das Land begeben, wo sie dem Volke erklären, der Zar habe einen Ukas unterzeichnet, worin es gestattet sei, Juden zu berauben und zu morden. Infolgedessen ist es schon vielfach deswegen zu Judenhetzen gekommen.

Kriegszustand im Kaukasus

Petersburg, 6. November. Im Kaukasus herrscht Krieg. Die Transkaukasische Eisenbahn ist stillgelegt. Die militärischen Verstärkungen müssen ihr Ziel zu Fuß erreichen. 17 Brücken sind zerstört. Die Eisenbahngleise sind an 40 Stellen aufgerissen, die Telegraphenleitungen sind außer Betrieb. Georgien und Dagestan sind von der übrigen Welt abgeschnitten. Die ganze männliche Bevölkerung des Kaukasus ist in Waffen. („Daily Mail“.)

Vorwärts (Berlin),

Nr. 262 vom 8. November 1905.

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