Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 6, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2014, S. 630

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setzen, die für Sonntag in Petersburg geplant gewesene Kundgebung abgesagt und sich vorbehalten, dieselbe zu dem Zeitpunkte, an dem es ihm angezeigt scheint, ins Werk zu setzen.

Die Konterrevolution mobilisiert die reaktionären Elemente

Petersburg, 6. November. Ein Regierungskommuniqué empfiehlt den Urhebern der Unruhen Mäßigung und ruft die loyalen Untertanen zur Mitwirkung bei der Beruhigung des Landes auf. Die Regierung wünsche sich bei der Durchführung der Reformen auf die friedlich gestimmte besonnene Majorität der Bevölkerung zu stützen, welcher die künftige Entwicklung Rußlands auf der Grundlage der bürgerlichen Freiheit und der territorialen Integrität teuer sei. Besonders rechnet die Regierung auf die Unterstützung der Presse, welche begreifen müsse, daß in der gegenwärtigen Lage die Einigung der geistigen Kraft des ganzen Volkes notwendig sei.

Moskau, 5. November. (Meldung der „Petersburger Telegraphen-Agentur“.) Mehrere Studenten, die von einer Menge Reaktionärer verfolgt wurden, flüchteten sich in eine Schule für Ingenieure und schossen von hier aus auf ihre Angreifer, welche die Fenster der Schule mit Steinen einwarfen. Es wurden Kosaken herbeigerufen, die das Gebäude umzingelten.

Warschau, 5. November. Von „nationaldemokratischen“ und „loyalen“ Elementen der Bourgeoisie, des Adels und des Kleinbürgertums ist hier heute eine große Demonstration unter der Losung der „Einigkeit des Volkes“ und der Feindschaft gegen die sozialdemokratische „Volksverhetzung“ veranstaltet worden.

Die Konterrevolution mobilisiert die Pfaffheit

Petersburg, 5. November. (Meldung der „Petersburger Telegraphen-Agentur“.) Der Synod schrieb der orthodoxen Geistlichkeit vor, mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln dem in einen Bürgerkrieg ausartenden Kampfe der Bevölkerung entgegenzutreten. – Der Generalgouverneur in Warschau ist telegraphisch benachrichtigt worden, es sei wünschenswert, daß die auf Anordnung der Zivilbehörden wegen religiöser Vergehen ins Kloster gebrachten katholischen Geistlichen unverzüglich in Freiheit gesetzt werden.

Die Konterrevolution organisiert Brandstiftung und Mord

Baku, 5. November. (Meldung der „Petersburger Telegraphen-Agentur“.) Als konservative russische und muselmanische Arbeiter (auf Deutsch: Polizeigesindel) mit nationalen Fahnen und Bildern des Kaisers eine Kundgebung veranstalteten, wurde auf sie aus den Häusern der Armenier geschossen und mit Bomben geworfen. Die erregten „Arbeiter“ steckten hierauf das Haus eines Armeniers in Brand; das Feuer pflanzte sich auf zwanzig andere fort.

Die „Manifestanten“ plünderten vier Kaufläden. Während der Vorgänge wurden etwa zwanzig Personen getötet oder verletzt und mehrere Plünderer verhaftet.

Tiflis, 5. November. (Meldung der „Petersburger Telegraphen-Agentur“.) Als heute eine Anzahl Reaktionäre mit Bildern des Kaisers durch die Stadt zogen, wurden auf sie Re-

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