Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 6, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2014, S. 614

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Moskau, 2. November. Die Rechtsanwälte haben in einer Versammlung beschlossen, die Entlassung Trepows und die gerichtliche Verfolgung des Moskauer Metropoliten zu fordern, der antikanonische Predigten versandte, in denen aufgefordert wird, über die Opposition herzufallen. Ferner wurde der Beschluß gefaßt, die Stadtduma um die Bildung einer Miliz anzugehen und im Falle der Weigerung der Duma selbst zur Organisation einer solchen Miliz zu schreiten. – Heute ist der Verkehr eröffnet worden auf den Bahnen von Moskau nach Kursk–Kiew–Woronesh, Rjasan–Ural und nach Wjasma.

Der erste Generalstreik in Finnland

Helsingfors, 2. November. Die Lage ist andauernd sehr ernst. Der allgemeine Ausstand dehnt sich sogar auf die Polizei aus. Der gesamte Ordnungsdienst wird durch eine Miliz, bestehend aus Studenten und Arbeitern, aufrechterhalten. Die Kaffeehäuser sind in Verbandsplätze umgewandelt. Gestern haben der Gouverneur und der Senat in Gegenwart einer großen Volksmenge offiziell ihre Ämter niedergelegt.

Kopenhagen, 2. November. Die Telegraphenverwaltung teilt mit: Die telegraphische Verbindung Fredericia–Petersburg über Finnland ist durch Ausständige unterbrochen worden. Die Verbindung Fredericia–Libau besteht. Libau hat Verbindung mit Petersburg.

Stockholm, 2. November. „Swenska Dagbladet“ teilt mit: Laut Telegramm an hiesige Reeder ist die Seeverbindung mit Finnland infolge des Generalstreiks gestern abgebrochen worden.

Helsingfors, 2. November. In allen Städten Finnlands sind zur Aufrechterhaltung der Ordnung Bürgergarden organisiert worden. Die Stimmung des Volkes ist sehr gehoben. Die telegraphische Verbindung mit Tammerfors, Wyborg und Äbo ist von Ausständigen unterbrochen worden.

Helsingfors, 2. November. Der Generalgouverneur ist von einer Deputation aufgefordert worden, sein Amt niederzulegen. Er antwortete, er könne als Soldat dies nicht ohne Genehmigung des Monarchen tun, verpflichtete sich aber, beim Kaiser sofort sein Entlassungsgesuch einzureichen.

Ein Telegramm des „Wolffs’schen Telegraphischen-Büros“ bringt die folgende „beruhigende“ Nachricht:

Petersburg, 2. November. Das Streikkomitee beschloß, morgen um 12 Uhr den Streik zu beenden. Eine sehr fragliche Meldung, der nicht ohne weiteres zu glauben ist.

Der Absolutismus verlangt Vertrauen und droht!

Petersburg, 2. November. (Meldung der „Petersburger Telegraphen-Agentur“.) Heute erscheint ein Regierungskommuniqué, in welchem die Regierung an den ordnungsliebenden Teil des russischen Volkes appelliert und die Hoffnung ausspricht, daß die Gesellschaft die Regierung bei der Einführung der neuen Staatsordnung unterstützen werde, welche längere Zeit erfordere und nur nach Wiederherstellung der Ordnung möglich sei. Ferner wird in dem Kommuniqué ausgeführt, daß gewisse Elemente versuchen, das

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