Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 6, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2014, S. 582

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ungefähr 3000 Mann. Auf den Dächern wehten viele rote Fahnen mit revolutionären Inschriften. An drei Punkten der Stadt waren Ambulanzen eingerichtet. Mittags kam ein starker Transport von Feuerwaffen und blanken Waffen an, welche unter die Aufständischen verteilt wurden. Gleichzeitig fanden in der Stadt Zusammenrottungen zur Plünderung von Waffenläden statt, von denen einer vollkommen ausgeraubt wurde. Die Menge wurde von Dragonern aus gedeckter Stellung beschossen. Zehn Personen wurden getötet, zahlreiche verwundet. Später veranstalteten 300 Personen mit dem Bilde des Kaisers und russischen Landesfahnen eine patriotische Kundgebung. Die Manifestanten zertrümmerten einen ihnen begegnenden Sanitätswagen und prügelten die Ärzte und Krankenträger sowie vereinzelte Studenten, dann stießen sie auf Arbeiter, die nach der Universität zogen und wurden von diesen durch Revolverschüsse auseinandergejagt. Die Arbeiter zertrümmerten hierauf die Fensterscheiben der Redaktion der reaktionären Zeitung „Jushny Krai“ [Südgebiet] und des Amtsblattes. Vagabunden machten sich in den von der Polizei entblößten entfernter gelegenen Stadtteilen die allgemeine Verwirrung zunutze, versuchten Läden zu plündern und prügelten Passanten. Über den Bezirk um die Universität wurde der Belagerungszustand verhängt. Der Gouverneur übertrug die Amtsgewalt dem Generalleutnant Mau. Ein Ausschuß für die öffentliche Wohlfahrt, welcher neu gebildet wurde und sich aus den angesehensten Bürgern der Stadt zusammensetzte, führte Verhandlungen mit dem Gouverneur. Inzwischen kamen Truppen aus den naheliegenden Ortschaften an. Der Wohlfahrtsausschuß formierte mit Zustimmung des Gouverneurs zur Aufrechterhaltung der Ordnung in der Stadt eine Miliz aus bewaffneten Arbeitern und Studenten. Die Bürgerschaft begrüßte die Miliz mit Beifallsrufen. An einzelnen Punkten der Stadt schossen die Truppen auf die Miliz und verwundeten mehrere Personen. Der Wohlfahrtsausschuß verhandelte mit dem Generalleutnant Mau, um sich über die Bedingungen für die Übergabe der Universität zu einigen. Die von Mau vorgeschlagenen Bedingungen waren die folgenden: Die in der Universität Eingeschlossenen müssen die Barrikaden ohne Waffen räumen und dürfen dabei weder singen noch Rufe ausstoßen. Sie können sich ungehindert ihren zu einem großen Meeting auf dem Skobelewplatze versammelten Kameraden anschließen.[1] Die Waffen müssen an die Universitätsverwaltung abgeliefert werden. Die in der Universität Eingeschlossenen nahmen die Bedingungen an und verließen in Ruhe ihre Stellungen. Der Paulsplatz wurde von Truppen besetzt. Die Menge, die sich hinter den Truppen staute, begrüßte die Herauskommenden, die von einer Eskadron Dragoner eskortiert wurden, mit lauten Zurufen. Die Studenten und Arbeiter begaben sich in langem Zuge nach dem Skobelewplatz. Die dort abgehaltene Versammlung dauerte bis sechs Uhr. Hierauf ging alles in Ruhe auseinander. Es fand kein weiterer Zusammenstoß mit Truppen statt, jedoch wurden abends wieder vereinzelte Schüsse gehört.

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[1] In der Quelle: angestellt werden.