Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 6, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2014, S. 566

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Besitz dieses Kreises, hat denselben am 12. Oktober für immer verloren. Denn wenn die proletarischen Wähler Korfantys einmal sicher erkennen werden, daß dieser doch nicht ihr rechter Vertreter ist, so werden sie sich doch nie wieder dem Zentrum zuwenden, sondern sicher zur Sozialdemokratie kommen. Und dem definitiven Verlust des Wahlkreises Kattowitz-Zabrze werden sich bei den nächsten allgemeinen Wahlen weitere Verluste an oberschlesischen Reichstagsmandaten zugesellen. Das wird nunmehr, nach einem solchen Erfolge der radikalen polnischen Gruppe, auch der geplante Kuhhandel der gemäßigten Polen mit dem Zentrum nicht mehr verhindern können.

Wenig befriedigt sind auch die Herren Grubenbarone von dem Erfolge ihrer liberalen Kandidatur Voltz, hatten sie doch davon geträumt, mit Korfanty in die Stichwahl zu kommen. Sie werden ihrer Wut über den Sieg des polnischen „Staatsverräters“ durch vermehrte Unterdrückung ihrer polnischen Arbeiter Ausdruck geben und dadurch die Erbitterung derselben nur weiter steigern, gleich der Regierung mit ihren Gewaltmaßregeln gegen die Polen. Gewiß haben weder Regierung noch bürgerliche Parteien Ursache, über den starken Rückgang der Sozialdemokratie in unserem Wahlkreise zu jubeln, denn neben den etwa 5000 Arbeitern, welche mit dem sozialdemokratischen Stimmzettel demonstrierten, standen mehr als 23000 unzufriedene, auf das höchste erbitterte polnische Arbeiter, die sich freilich jetzt noch von einem gewandten Demagogen einfangen ließen, in absehbarer Zeit aber trotz aller entgegenstehenden Schwierigkeiten sicher zum Heere der klaren, zielbewußten internationalen Sozialdemokratie zählen werden.

Vorwärts (Berlin),

Nr. 242 vom 15. Oktober 1905.

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