Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 6, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2014, S. 563

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Junkern. Durch ihre jesuitische Heuchelei ist es ihr bisher noch gelungen, die Arbeiter zu nasführen. Über kurz oder lang wird aber auch der katholische Arbeiter einsehen, wo sein Platz ist. Der große Zentrumsturm ist bereits ins Wanken geraten, wir sehen, wie die Mauern mehr und mehr abbröckeln.

Die Sozialdemokratie kann mit Ruhe der kommenden Dinge entgegen sehen. Die Sozialdemokratie hat den felsenfesten Glauben an ihren Sieg; an uns liegt es, diesen Moment zu beschleunigen. Es ist endlich genug, was der Arbeiter zu leiden hat. Für alle die Sünden des Zentrums müssen Sie ihm eine deutliche Quittung ausstellen. Nicht wir Sozialdemokraten arbeiten auf den Umsturz hin, wie ich bereits eingangs meiner Rede erwähnte, sondern die bürgerlichen Parteien, an ihrer Spitze das Zentrum, besorgen dieses ganz alleine. Uns bleibt die edle Aufgabe, den Arbeitern beiderlei Geschlechts zu zeigen, was sie zu tun haben. Die Arbeiterschaft wird endlich begriffen haben, daß sie den schwarzen Mantel von sich werfen muß. Wie ein Mann müssen Sie eintreten für die Wahl des sozialdemokratischen Kandidaten Gewehr und den Sieg der Sozialdemokratie einmütig erfechten.

Zum Schluß richtete Rednerin noch einige beherzigende Worte an die Frauen: Bisher hat man den Frauen das Wahlrecht nicht gegeben, die Frauen dürfen nicht wählen, das hat seinen Grund darin, weil dann zu befürchten wäre, daß auch hier die verfluchten Sozialdemokraten die Mehrheit bekommen. Wenn auch die Frauen nicht das Recht zum Wählen haben, so haben sie doch das Recht und die heilige Pflicht, auf ihre Männer und Brüder einzuwirken. Unter dem Namen des Kandidaten Gewehr muß uns trotz alledem früher oder später der Sieg zufallen. (Bravo!)

Allgemeiner Anzeiger (Essen),

vom 25. September 1905.

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