Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 6, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2014, S. 412

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Dinge, über die jeder plaudern kann, so viel er mag; aber zu einer Änderung der parteipolitischen Taktik geben solche Plaudereien zur Zeit keinen Anlaß.

Um so verwunderlicher erschien es, daß unser Chemnitzer Parteiorgan, die „Volksstimme“, in Nr. 90 eine Prüfung anregte, „ob und inwiefern die Zollopposition ihre Taktik zu revidieren habe“. Das Blatt druckt eine Zuschrift aus Reichstagskreisen ab, der es „eine sehr wichtige Neuigkeit, nämlich die, daß es sich bei dem neuerdings zwischen Agrariern und Regierung agierten Konflikt nur um Scheingefecht handelt“ – entnimmt. Dieses Scheingefecht, so wird dann in der Zuschrift ausgeführt, solle dem Reichskanzler als Druck- und Pressionsmittel bei seinem Pouparlers[1] in Venedig, Wien etc. zur Förderung der Agrarzölle dienen.

Diese Auffassung legt unserer Ansicht nach einen zu geringen Maßstab an die diplomatischen Fähigkeiten der Reichsregierung sowohl als an den Scharfsinn der bei handelspolitischen Auseinandersetzungen in Betracht kommenden Regierungen, obgleich wir weder das eine noch das andere überschätzen. Derlei Manöver zwischen Regierung und Agrariern wären doch zu durchsichtig, wenn wir auch annehmen wollen, daß die Agrarier vom Bund der Landwirte ihre Opposition für besonders pfiffig halten. Aber wenn einmal die Rauferei in der Kommission den Beteiligten im Inland als ein „Scheingefecht“ erscheinen könnte, dann würden das wohl auch auswärtige Regierungen erkennen und – ihre Maßnahmen danach treffen.

Es lohnt sich nun hier nicht, zu erörtern, warum die Agrarier gegen die Regierungsvorlage Opposition machen; es kommt vielmehr alles auf die Frage an, ob wirklich, wie die Chemnitzer „Volksstimme“ meint, dieses Scheingefecht „das Bild, das man sich auf Grund der Vorgänge in der Zolltarifkommission von der zollpolitischen Lage machte, in einem für die Taktik sehr wesentlichen Punkte ungenau“ erscheinen läßt und eine Revision der oppositionellen Taktik vonnöten sei.

Die „Zuschrift aus Reichstagskreisen“ warnt vor einer optimistischen Auffassung der zollpolitischen Lage und meint, „die Regierung würde gegen die jetzige Opposition über ein Pressionsmittel schärfster Art verfügen; sie könne beim Abschluß der neuen Verträge – das heißt beim vorläufigen Abschluß zwischen den Regierungen – die alten Verträge ruhigen Blutes kündigen und somit die Opposition vor die Entscheidung stellen: Keine Verträge überhaupt und damit Inkrafttreten des alten autonomen Zolltarifs mit den 5 M-Zöllen für Getreide – oder Verträge, allerdings auch mit einem Getreide-Mindestsatz von 5 M, aber doch auch mit bestimmten Bindungen des Auslands gegenüber unserem Export. Wir müßten dann wohl oder übel alle unsere Obstruktionsgelüste ruhig in der Tasche behalten.“

Diese Warnung – die zwischen den Zeilen durchblicken läßt, den Bogen nicht allzu straff zu spannen – nimmt sich um so wunderlicher aus, als sie auf einer Vermutung fußt, nämlich darüber, was die Regierung als Pressionsmittel gegen die Op

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[1] Diplomatische Begegnungen.