Das heißt, für das neue Doppelgeschwader sollen bis zum Jahre 1912 noch zehn Linienschiffe hinzukommen und acht weitere Linienschiffe von 1912 bis 1917 an Stelle des Ersatzes für die jetzt schon vorhandenen acht Küstenpanzerschiffe treten.
Außer den Linienschiffen soll bis zum Jahre 1911 auch die Zahl der großen Kreuzer um acht gesteigert werden. Davon sollen zwei auf das neue Flottengeschwader, sechs auf die Auslandskreuzer entfallen.
Um wie viel mehr kleine Kreuzer gebaut werden sollen, erzählen die Offiziösen nicht. Voraussichtlich kommen 16 kleine Kreuzer für die beiden Geschwader der Schlachtflotten in Betracht, da ebenso viele für die beiden vorhandenen Geschwader in dem Flottengesetz von 1898 vorgesehen sind.
Zu dieser Vermehrung der Schiffe kommen dann noch die Ersatzbauten, die in dem Zeitraume bis 1917 fällig werden.
Die Durchführung dieses Bauprogrammes setzt eine Erhöhung der jährlichen Schiffsbauquote von jetzt im Durchschnitt 60 Millionen auf 85 Millionen Mark voraus. Die jährlichen sonstigen einmaligen Ausgaben würden sich dann von neun auf zwölf Millionen Mark, die fortdauernden Ausgaben würden sich jährlich um fünf Millionen Mark steigern.
Das will sagen: Der Marineetat erhöht sich von 150 auf nicht weniger als 183 Millionen.
Für diesen Plan wird angeführt, daß „dasselbe Bautempo wie in den ersten drei Jahren des Flottengesetzes beizubehalten ist“, während nach dem Flottengesetz in den Jahren 1901, 1902, 1903 weniger Neubauten in Angriff zu nehmen sind als in den drei vorhergehenden Jahren 1898, 1899, 1900. …
Wie ein Blitz aus heiterem Himmel fährt dieser in seinen Einzelheiten dargelegte Flottenplan in die Öffentlichkeit. Hat denn „Onkel Chlodwig“[1], der Reichskanzler, der höchste Beamte des Reiches, bis jetzt von diesen ungeheuerlichen Absichten nichts gewußt? Wie kam es denn, daß der Admiral Tirpitz aus dem Handgelenk, um in dieser Frage Vortrag zu halten, zum Kanzler nach Baden-Baden fährt!
Noch nie vorher ist solch ein Plan der Öffentlichkeit unterbreitet worden, ohne daß die Regierungen in den Einzelstaaten davon unterrichtet worden waren.
Aber wir leben in dem elektrischen Zeitalter der Plötzlichkeiten, die blitzschnelle Überraschung gehört zum Handwerkszeuge des neuesten Kurses, und die Reichsregierung legt sich sozusagen durch die Veröffentlichung auf dies jüngste Unternehmen der Wasserpolitik fest.
[1] Chlodwig Fürst zu Hohenlohe-Schillingsfürst war von 1894 bis 1900 Reichskanzler und preußischer Ministerpräsident. Unter seiner Kanzlerschaft versuchte die Regierung, die mit dem Sozialistengesetz gescheiterte Gewalt gegenüber der Arbeiterklasse wieder ins Leben zu rufen.