Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 6, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2014, S. 256

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Genugtuung die Beweise der wärmsten Zustimmung entgegennehmen, die ihm zugingen und noch immer aus allen Gesellschaftskreisen und von den verschiedensten Teilen der Weltkugel an dasselbe gelangen. Trotz dieser großen Strömung der öffentlichen Meinung für die Ideen eines allgemeinen Friedens hat der politische Horizont sichtlich einen anderen Anstrich bekommen. In letzter Zeit sind mehrere Mächte zu neuen Rüstungen geschritten, indem sie sich bemühen, ihre militärischen Kräfte noch zu erhöhen, und im Hinblick auf diese Unsicherheit der Lage konnte man dahin gebracht werden, sich die Frage zu stellen, ob die Mächte den gegenwärtigen Moment für geeignet halten möchten, um an eine internationale Besprechung der im Rundschreiben vom 12. August erwähnten Ideen heranzutreten. In der Hoffnung jedoch, daß die Elemente der Beunruhigung, die auf die politischen Kreise einwirken, bald mehr ruhigen Zuständen Platz machen werden, welche den Erfolg der in Aussicht genommenen Konferenz zu begünstigen geeignet sind, ist die kaiserliche Regierung der Meinung, daß es schon jetzt möglich sei, an einen vorläufigen Ideenaustausch der Mächte heranzugehen, zu dem Zwecke, um ohne Verzug nach Mitteln zu suchen, dem fühlbar fortschreitenden Zunehmen der Rüstungen zu Wasser und zu Lande ein Ziel zu setzen, eine Frage, deren Lösung offenbar mehr und mehr dringlich wird, mit Rücksicht auf den Umfang, den diese Rüstungen neuerdings angenommen haben, und, um die Wege für eine Besprechung der Fragen zu bahnen, die sich auf die Möglichkeit bezieht, Konflikten mit den Waffen in der Hand durch friedliche Mittel zuvorzukommen, über welche die internationale Diplomatie verfügen könnte.

Falls die Mächte den gegenwärtigen Augenblick für günstig erachten sollten, zu einer Konferenz auf dieser Grundlage zusammenzutreten, würde es gewiß vom Nutzen sein, wenn die Kabinette sich über ihr Arbeitsprogramm einigten. Die Fragen, die einer internationalen Besprechung im Schoße der Konferenz zu unterziehen wären, könnte man in großen Zügen folgendermaßen zusammenfassen: 1. Ein Übereinkommen für eine zu bestimmende Frist, die gegenwärtigen Effektivstärken der Land- und Seekräfte sowie die Budgets des Krieges und was damit im Zusammenhang steht, nicht zu erhöhen, eine vorläufige Untersuchung über die Wege, in denen sich für die Zukunft sogar eine Verminderung der Effektivstärken und des oben erwähnten Budgets erreichen ließe; 2. ein Verbot, daß in den Heeren und Flotten irgendwelche neue Feuerwaffen und Explosivstoffe oder kräftigere Pulversorten als die gegenwärtigen für Gewehre wie für Kanonen benutzten, in Gebrauch genommen werden; 3. die Einschränkung der Verwendung schon vorhandener Explosivstoffe von verheerender Wirkung für die Landkriege, und ein Verbot, Geschosse oder irgendwelche Explosivstoffe von einem Luftballon aus oder durch Benutzung anderer analoger Mittel zur Verwendung zu bringen; 4. ein Verbot, in Seekriegen Untersee- oder Taucher-Torpedoboote oder andere Zerstörungsmittel derselben Art zu benutzen, und die Verpflichtung, in Zukunft keine Kriegsschiffe mit Sporen mehr zu bauen; 5. die Anwendung der Bestimmungen der Genfer Konvention von 1864 auf Seekriege, auf Grund der Zusatzartikel vom Jahre

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