Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 6, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2014, S. 130

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machte er einem Redakteur der sozialistischen „Reveil du Nord“ folgende interessante Mitteilungen:

„Die Ausbreitung des Sozialismus auf Guadeloupe und der Sieg der Sozialisten ist nicht erstaunlich. In Pointe-à-Pitre kämpfen wir seit sieben Jahren. Vor sieben Jahren gründeten wir dort ein sozialistisches Blatt, „Le Peuple“ (Das Volk), das bis zu seiner Unterdrückung im Jahre 1896 nicht aufgehört hat, die frohe Botschaft des Sozialismus zu verbreiten. Was meine Person anbetrifft, so war ich zum zweiten Male der Kandidat der Arbeiterpartei. 1893 wurde ich von meinem Gegner mit einer Majorität von nur 800 Stimmen geschlagen. Diesmal haben wir uns für die damalige Niederlage revanchiert, und zwar gründlich. Schon im ersten Wahlgang siegte ich glänzend über die beiden Gegenkandidaten. Ich erhielt über 1000 Stimmen mehr als beide zusammen. Infolge dieser Sachlage wagten sie gar nicht, in die Stichwahl einzutreten, sie zogen vielmehr ihre Kandidaturen ohne weiteres zurück.

Der Sieg ist weder dem Zufall noch besonders günstigen Umständen zu danken, die mit dem Sozialismus nichts zu tun haben. Nein. Er zeigt, daß Guadeloupe oder wenigstens mein Wahlkreis für die sozialistischen Ideen gewonnen ist. Dafür etliche Beweise. Mein Wahlkreis zählt 15 Kommunen, fast alle diese Kommunen haben sozialistische Gemeinderäte, wo dies nicht der Fall ist, ist doch in der Munizipalität eine starke sozialistische Minorität vertreten.

In Lamentin sind von 23 Gemeinderäten 21 Sozialisten, die auf Grund des Programms der sozialistischen Arbeiterpartei gewählt worden sind. Ebenso liegen die Dinge in Sainte-Rese, in Gosier, wo nur ein einziger Nichtsozialist im Gemeinderat sitzt, in Petit-Boure, in Baie-Mahault, Gripou, Le-Moule und Sainte-Aune. In anderen Gemeinden, wie Abimer und Anse-Bertrant verhielt die Bevölkerung sich noch 1893 ablehnend gegen den Sozialismus. Jetzt amtieren dort sozialistische Gemeinderäte, und ich erhielt bei den letzten Legislaturwahlen die Majorität der abgegebenen Stimmen.

Was Pointe-à-Pitre anbelangt, das tatsächlich die Hauptstadt von Guadeloupe ist, sowohl der Zahl der Bevölkerung nach wie der Entwicklung der Industrie, so hat der Gemeinderat zwar noch keine sozialistische Majorität, trotzdem wurden mehr Stimmen für mich abgegeben als für meine beiden Gegner. Binnen kurzem wird die gesamte arbeitende Bevölkerung dieser Stadt dem Sozialismus anhängen. Der erste Beisitzer des Maire, ein Vollblutneger wie ich, Genosse Céran Taetan, wird sicherlich aus den nächsten Gemeinderatswahlen als Bürgermeister hervorgehen. Unsere stetigen Fortschritte in Pointe-à-Pitre werden um so beachtenswerter, als unter der Bevölkerung Weiße und Mestizen überwiegen.

1896 fand die Verwaltung, den Herzenswünschen unserer Gegner entsprechend, einen Vorwand, um das sozialistische Organ „Le Peuple“ zu unterdrücken. Seitdem agitierte ich, indem ich mit mehreren Genossen, der Mehrzahl nach Gemeinderäte, von Dorf zu Dorf zog.

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