ten bald größere Geldforderungen für China erscheinen.[1] Diese abermalige Belastung des Volkes im Bunde mit der Gefahr, welche die gelben Kulis für den deutschen Arbeiter bedeuten, bilden die Rückseite der Medaille der Weltmachtspolitik. Die Kolonialpolitik habe einen großen Magen wie die Kirche. Das Volk behalte aber dabei einen leeren Magen. Die Agrarier haben ein Interesse daran, daß das Brot so teuer bleibe, denn dabei machen sie so glänzende Geschäfte. Der Kurs der bürgerlichen Parteien steuere der schwärzesten Reaktion zu und daher besteht vor allen Dingen die Absicht, das Volk zu fesseln. Hungerlöhne wolle man dem Volke geben. Das Volk selbst soll aber für das Brot Hungerpreise zahlen. Die „vaterlandslosen“ Gesellen haben die Pflicht, Deutschland vor der Schmach zu bewahren, welche die Wahl eines solchen Reichstages bedeuten würde. Nur das arbeitende Volk ist der einzige Hort der Freiheit, ihm fällt die große historische Aufgabe zu, den Zusammenbruch der kapitalistischen Produktionsweise in die Wege zu leiten. Schon heute gelte die Losung, hie Geldsackinteresse, – hie Volksinteresse, hie Kapitalismus – hie Arbeiter. Das arbeitende Volk hat die Wahl, entweder im Elend unterzugehen – oder ein Ende damit zu machen. Wann das geschehen wird, das hängt von jeder einzelnen Schlacht ab, die wir schlagen. Eine solche Schlacht ist auch die bevorstehende Reichstagswahl. Unser Schicksal ist in unsere Hand gegeben. Wir stehen wieder an einer Jahrhundertwende und die bevorstehenden Reichstagswahlen sind die letzten in diesem Jahrhundert. Sorgen wir dafür, daß der Ausfall derselben für uns das Morgenrot einer besseren Zukunft bedeutet. (Lebhafter Beifall.)
Volkswacht (Breslau),
Nr. 129 vom 6. Juni 1898.
[1] Am 14. November 1897 hatte Deutschland das Gebiet von Kiautschou annektiert. In einem Abkommen vom 6. März 1898 war die chinesische Regierung gezwungen worden, die Bucht von Kiautschou auf 99 Jahre an das Deutsche Reich als Flottenstützpunkt zu verpachten und ihm das Hinterland Schantung als Einflußsphäre zuzugestehen. Bereits am 28. März 1898 war vom Reichstag die erste Flottenvorlage angenommen worden. Bis 1904 sollte die deutsche Kriegsflotte mit einem Kostenaufwand von etwa 482 Millionen Mark erheblich vergrößert werden.