Daß dies kein idealer Zustand ist, geben wir dem „Vorwärts“ gern zu, wir sind sogar mit ihm der Meinung, daß hier eine Abhilfe dringend notwendig ist. Daß sich jedes Provinzblatt einen eigenen Berliner Korrespondenten anlegt, ist kaum angängig, und schließlich würden die betreffenden Korrespondenten doch wieder für eine ganze Menge verschiedener Blätter schreiben, so daß vielleicht nur an die Stelle der einen Meinungsfabrik drei oder vier treten würden, was immerhin schon insofern ein kleiner Vorteil wäre, als es der Provinzpresse eine Auswahl gestattete. Um indessen die Verwendung fertiger Artikel, zu der übrigens nur für aktuelle politische Ereignisse ein Bedürfnis vorliegt, überflüssig zu machen, könnte vielleicht der „Vorwärts“ selbst eine Korrespondenz versenden, die aber viel zweckentsprechender sein müßte, als der Abzug, den er jetzt der Provinzpresse zugehen läßt. Auch würde die Stampfersche Fabrik ohne Bedenken weiter bestehen können, wenn sie das für die Provinzpresse Wichtige und Aktuelle dieser als objektive Darstellung von Tatsachen, als Auszüge aus Gesetzentwürfen usw. zugehen ließe, sich aber jeder kritischen Besprechung enthalten würde. Die Provinzpresse könnte dann, soweit es ihr erforderlich scheint, die von ihr selbst vorgenommene kritische Bearbeitung am nächsten Tage folgen lassen, ohne im reinen Nachrichtendienst hinter der bürgerlichen Konkurrenz zurückgeblieben zu sein.
Wir können unsererseits nur ausdrücklich bemerken, daß es uns nicht eingefallen ist, gegen den Berliner Nachrichtendienst für die Provinzpresse ins Feld zu ziehen. Was wir bekämpfen, ist die fabrikmäßige Beleuchtung der Vorgänge des politischen und parteipolitischen Lebens.
Das „Bochumer Volksblatt“ schreibt zu demselben Thema: Was die angeblich fabrikmäßig verheerende Wirkung auf die „proletarischen Intellekte“ angeht, so sei folgendes bemerkt: Der „Vorwärts“ hat etwa 100000 Leser. Die bekommen allesamt täglich dieselben „stereotypen Geistesprodukte“ zu lesen. Wir und wahrscheinlich auch die Redaktion des „Vorwärts“ wünschen, daß sich diese Zahl womöglich verdoppeln möge. Jeder dieser Leser bekommt nun denselben „Vorwärts“ zu lesen, der so die Meinungsfabrik für die jetzigen 100000 oder die zukünftigen 200000 bildet. Das ist also die Berliner „Meinungsfabrik“. Die andere „Meinungsfabrik“ unterscheidet sich von der Berliner dadurch, daß ihre Produkte zwar auch von 100000, vielleicht auch 200000 Lesern gelesen werden, aber in mehreren Provinzzeitungen, die unter verschiedenen Namen an verschiedenen Orten hergestellt werden.
Unserem Bochumer Kollegen ist da ein drolliges Quiproquo unterlaufen. Kein Mensch mit gesunden fünf Sinnen wird verlangen, daß für jeden einzelnen Leser ein besonderes Parteiblatt mit besonderen „Meinungen“ herausgegeben werde. Es handelt sich nur darum, daß jede sozialdemokratische Redaktion bei der Herstellung des Blattes möglichst mit eigener Gedankenarbeit und eigenem Urteil an die Sache gehen, nicht fertige Schablonen verwenden soll. Wir müssen eine vollkommene Einheitlichkeit in der Grundauffassung anstreben. Was dagegen die Form, die Argumente, die