Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 773

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gegenüber eine Machtstellung einnehmen, d. h. Ringe, Kartelle etc. bilden. Nur ist in diesen die Machtstellung des Kapitals den Arbeitern gegenüber eine noch viel größere, und sie macht unglücklicherweise in der Regel die gewerkschaftlichen Erfolge just dort unmöglich, wo die einzige Voraussetzung der Sombartschen „Abwälzungstheorie“ vorhanden. Herr Sombart vergißt überhaupt, wo er von den Machtverhältnissen der Gewerkschaften spricht, die Existenz der Unternehmerverbände gänzlich und erinnert sich ihrer nur, wo er sie als ein angenehmes Supplement zu dem beliebten Einigungsverfahren bei Arbeitskonflikten braucht.

Oder der Unternehmer soll die Lohnzuschläge, falls Preiserhöhungen nicht angängig, durch Erweiterung der Produktion wettmachen. Aber das üben die Unternehmer schon von selbst, ohne Herrn Sombarts Ratschläge abzuwarten, seit undenklichen Zeiten, wo es nur irgend möglich. Und freilich sind solche Perioden der Produktionserweiterungen, d. h. des industriellen Aufschwunges, die günstigste Gelegenheit für Lohnforderungen. Nur ist hier die Erweiterung der Produktion nicht etwa ein beliebig anwendbares Mittel zur Wettmachung der Lohnerhöhungen, sondern umgekehrt eine Voraussetzung, bei der Lohnerhöhungen möglich sind und die ihrerseits an die Marktlage, d. h., wiederum an die eigenen Verwertungsinteressen des Kapitals gebunden ist!

Oder die Unternehmer sollen nun gar die Lohnzuschläge durch – technische Verbesserungen decken! Ei, Herr Professor, das glaube Ihnen Ihre „glückliche Braut“! Die technischen Verbesserungen werden von den Unternehmern seit jeher angewendet, um die im Lohnkampf stehenden Arbeiter lahmzulegen und nicht um sie zu befriedigen. Lassen Sie sich doch nur die Geschichte der Lohnkämpfe der Hamburger Kohlenjumper vom Ende der 80er Jahre erzählen, die von den Unternehmern durch die Einführung der sogenannten Jumpmaschine und sofortige Arbeitsentlassungen beantwortet wurden.

In seiner heißen Mühe, alle Interessengegensätze den Gewerkschaften zuliebe in Interessenharmonie aufzulösen, muß sich der Herr Professor auch mit den Krisen abfinden. Diese „Unvollkommenheit“ der kapitalistischen Wirtschaft pflegt bekanntlich als eines der schlimmsten „Mittel“ gegen die Gewerkschaften zu dienen. Herr Sombart stellt die Sache auf den Kopf und empfiehlt die Gewerkschaften als ein Mittel gegen Krisen. „Erstens wird das Feuer der Produktion etwas gedämpft. Denn die Forderungen, die die Arbeiter erheben ..., bedeuten doch immerhin zunächst eine Erschwerung des Absatzes infolge Erhöhung der Produktionskosten und auch unter Umständen eine unmittelbare Beschränkung des Produk-

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