Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 690

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Peter Lawrow

Leipzig, 9. Februar

Einer der ältesten und ruhmreichsten Veteranen der sozialistischen Bewegung, ein Siebenundsiebzigjähriger, ist heimgegangen. In der letzten Zeit war er wenig in den Vordergrund getreten. In seinen zwei Stübchen im Hof in der stillen Rue St-Jacques des Lateinischen Viertels von Paris, vergraben in Bücher, die seine ganze bescheidene Wohnung vom Boden bis zur Decke füllten, auf Tischen und Stühlen haufenweise umherlagen, lebte er seinen wissenschaftlichen Arbeiten, fern dem Lärm der Weltstadt wie den brandenden Wogen des politischen Lebens, obwohl ein aufmerksamer Beobachter und bis zum letzten Atemzug ein Hoffender und Wartender.

Für die jüngere Generation namentlich der deutschen Bewegung knüpft sich an den Namen Lawrows meistens nur eine nebelhafte Vorstellung. Aber es gab eine Zeit, wo Peter Lawrow der geistige Führer und Erzieher einer ganzen sozialistischen Generation in Rußland war, wo sein Name in ganz Europa, überall, wo die sozialistische Bewegung ihre Flagge gehißt hatte, mit tiefster Verehrung ausgesprochen wurde. Und dies war die glänzendste Epoche in der Geschichte der russischen revolutionären Bewegung.

Schon anfangs der sechziger Jahre, als der russische Sozialismus noch in den Windeln lag, nahm Lawrow neben Tschernyschewski an jener wichtigen revolutionären Gärungsperiode Anteil, durch die der Sozialismus in Rußland erst zur Selbsterkenntnis, zur Selbstklärung strebte. Schon 1866 wurde er infolge dieses Verkehrs in revolutionären Kreisen auf administrativem Wege nach dem Gouvernement Wologda in Nordrußland verbannt.

Für die Entwicklung der russischen Bewegung war diese Verbannung gewissermaßen ein Glück. Lawrows von Hause aus weniger zum prakti-

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