Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 136

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melpunkt aller Handwerke, hob sich das Handwerk mächtig empor.[1] Zugleich fällt es aber vielfach unter die Herrschaft des Kaufmannskapitals. Kleine und mittlere selbständige Betriebe lösen sich in Hausindustrie auf, und in den Vordergrund treten als Sammelbecken für die Kleinproduktion große Magazine fertiger Handwerkswaren. Der Handel des ganzen Landes konzentriert sich hier auf der Börse und in zahlreichen Bank- und Kommissionsgeschäften. Die Vorstadt von Warschau, Praga, wurde zum Zentrum einer großen Metallindustrie, und die riesige Leinwandfabrik Żyrardôw bei Warschau mit ihren 8 000 Arbeitern verwandelte sich in ein eigenes Städtchen.

4. Die Hauptrayons der polnischen Industrie

Nachdem wir einen allgemeinen Abriß der Entwicklung der polnischen Industrie gegeben haben, bleibt uns noch übrig, das Gesagte an der Geschichte der einzelnen wichtigsten Zweige der Industrie im Detail zu illustrieren, ebenso wie die äußere lokale Gruppierung der Fabrikproduktion aufzuzeichnen.

Die Industrie des Königreichs Polen ist, wenn man von den zerstreut liegenden unbedeutenden Fabriken rechts der Weichsel und längs der preußischen Grenze absieht, in drei Rayons mit stark ausgeprägter Physiognomie, verschiedenem Charakter und verschiedener Geschichte konzentriert.

Der bedeutendste unter ihnen ist der Łódźer Rayon. Er umfaßt die Stadt Łódź mit ihrem Bezirk, ferner die Städte Pabianice, Zgierz, Tomaszów und einige Bezirke des Gouvernements Kalisch. Die Produktion des Rayons belief sich schon im Jahre 1885 auf 49 Millionen Rubel[2], heute mindestens auf 120 Millionen.[3] Dies ist der eigentliche Textilindustrierayon. Das Hauptzentrum desselben, Łódź, ist in seiner Ge-

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[1] Man zählte in der Handwerksproduktion Warschaus:

Meister Lehrlinge Arbeiter Produkt in Pfd. St.
1876 3 122 6 664 5 020 988 833
1893 9 642 19 072 24 167 5 163 115

(Diplom. and Cons. Reports, Nr. 1535, S. 4.) [Fußnote im Original]

[2] Berichte der Kommission zur Untersuchung … II, S. 1 f. [Fußnote im Original]

[3] Bei dieser Annahme stützen wir uns auf das Wachstum der Stadt Łódź, siehe die folgende Seite. Da jedoch Janshul (Umriß …, S. 48) und nach ihm Swiatlowski (Der Fabrikarbeiter, S. 23) die von uns angeführte offizielle Angabe für das Jahr 1885 für zu niedrig halten und die Produktion des Rayons bereits für das Jahr 1886 resp. 1883 auf 70 Mill. Rubel schätzen, so dürfte auch die heutige Produktion bedeutend über unserer Berechnung stehen. [Fußnote im Original]