Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 310

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industriellen Betriebe hier die Hauptrolle spielt. Ferner würde erst dann die ganze schwankende Existenz des Kleingewerbes, die beständige Fluktuation in seinem Bestande zutage treten. Und was besonders die imposante Zahl der „Alleinbetriebe“ betrifft, so würde sich erweisen, daß das, was hier hinter dem großartigen Namen des „selbständigen Betriebes“ steckt, nichts anderes als ein Stück dumpfen, bitteren Elends ist, das oft noch unter dem Proletarierelend steht. Genaue statistische Erhebungen müßten beweisen, daß in den meisten Fällen der Verdienst eines „selbständigen Alleinbetriebes“ niedriger als der durchschnittliche Arbeitslohn, während die Unsicherheit seiner Existenz oft eine noch größere als bei dem Lohnarbeiter ist.

Auf die Ergebnisse der Gewerbezählung gestützt, erklärt „Der Deutsche Oekonomist“ – in seiner Kritik der Wiedfeldtschen Schrift – das Handwerk für die gesundeste Stelle unseres wirtschaftlichen Organismus und die ganze moderne Handwerkerbewegung für eine künstliche Pflanze der „doktrinären Schwarzseher, übereifriger Heilkünstler und ehrgeiziger Agitatoren“. „Man höre auf, am gesunden Fleisch herumzupfuschen“, ruft er den Befürwortern der reaktionären Mittelstandspolitik zu. Allerdings, die von der Regierung und den bürgerlichen Parteien unternommene Mittelstandsrettung ist eitel soziale Pfuscherei. Aber was das „gesunde Fleisch“ des Handwerks betrifft, so beweist die steigende Flut der sozialdemokratischen Bewegung unter dem Kleinbürgertum am besten, daß dies gesunde Fleisch gar viele wunde Stellen hat. Auf dem Papier, in der offiziellen Statistik, mag der „selbständige Gewerbetreibende“ mit einem oder keinem Gehilfen als eine feste Brücke über der Kluft zwischen Kapital und Arbeit, als eine Stütze der bestehenden Ordnung aufmarschieren. In der sozialen Wirklichkeit ist er meistens der gleiche Sklave des Kapitals wie der industrielle Proletarier und, sein Leidensgefährte im Elend und in der Unsicherheit der Existenz, ist er auch sein natürlicher Bundesgenosse im Klassenkampf.

II Die Bevölkerungsstatistik in Frankreich

Es ist eine allgemein bekannte Tatsache, daß die Bevölkerung Frankreichs seit längerer Zeit in erschreckender Weise im Rückgang begriffen ist. Die von dem „Journal officiel“ soeben veröffentlichten Ergebnisse der Bevölkerungszählung für das Jahr 1897 bestätigen diese Tatsache von neuem.

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