Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 467

https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-1-1/seite/467

Nur ein Menschenleben!

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Leipzig, 4. Mai

In der Schönhauser Allee Nr. 54 hat am 26. v. M. der Handelsmann Wilhelm Histermann im Alter von 38 Jahren seine acht und sechs Jahre alten Töchter Margarete und Erna getötet und dann sich selbst erhängt. In einem Briefe, den er auf dem Tisch gelassen, teilte er mit, daß die Not und die Arbeitsunfähigkeit infolge der zunehmenden Blindheit ihn zwängen, auf diese Welt zu verzichten, daß er eine bessere zu finden hoffe und die Kinder in ein besseres Jenseits mitnehme, um niemand die Last ihrer Erhaltung aufzuerlegen. – Die Leichen wurden nach dem Schauhaus abgeholt, der Brief ist aus dem Polizeigewahrsam an das Gericht übergegangen.

Berliner Lokalnotiz

Wieder fiel einer, von dem gilt, was ein polnisches Sprichwort sagt: Bis die Sonne aufsteigt, frißt uns der Tau die Augen.

In dem Augenblicke, als er mit dem Todes- und Mordgedanken rang, drang zu ihm durch das offene Fenster ein gemischter Chor menschlicher Lebensstimmen. Unten im Hofe klopfte der Bursche des Herrn Leutnants den Teppich und schäkerte dabei mit der rotwangigen Magd des Hauswirtes. Der Spengler im Nachbarhause hämmerte eintönig wie ein Specht

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[1] Dieser Artikel ist mit einem Anker gezeichnet. In einem Brief vom 5. Mai 1899 an Leo Jogiches verweist Rosa Luxemburg darauf, daß dieser von ihr geschriebene Artikel mit einem Anker gezeichnet erschien. (Siehe GB, Bd. 1, S. 325.)