Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 209

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Schlußwort

Unsere Aufgabe ist zu Ende. Wir glauben aus dem Vorhergehenden den Schluß ziehen zu können, daß alle Befürchtungen für die Zukunft der polnischen Industrie – sofern sie sich wenigstens auf die von der russischen Regierung drohende Gefahr beziehen – ganz grundlos sind und nichts anderes als einen kritiklosen und oberflächlichen Abklatsch des intimen Unternehmerzankes des Łódźer und des Moskauer Unternehmertums darstellen. Blickt man tiefer in die Verhältnisse hinein, so muß man zu dem Schlusse gelangen, daß Polen in ökonomischer Beziehung nicht nur keine Absonderung von Rußland bevorsteht, sondern daß die aus der allgemeinen inneren Natur der großkapitalistischen Produktion selbst sich ergebenden Tendenzen es vielmehr ökonomisch mit jedem Jahr stärker an Rußland fesseln. Es ist ein immanentes Gesetz der kapitalistischen Produktionsweise, daß sie darnach strebt, nach und nach die entlegensten Orte miteinander materiell zu verknüpfen, in ökonomische Abhängigkeit voneinander zu bringen und schließlich die ganze Welt in einen einzigen fest zusammengefügten Produktionsmechanismus zu verwandeln. Am stärksten wirkt diese Tendenz natürlich innerhalb eines und desselben Staates, innerhalb derselben politischen und Zollgrenzen. Die kapitalistische Entwicklung Polens und Rußlands ergab die nämlichen Resultate. Solange beide Länder vorwiegend agrikole, und zwar naturalwirtschaftliche Länder waren, also bis zu den sechziger Jahren, blieben sie ökonomisch einander fremd und stellten jedes für sich ein abgeschlossenes Ganzes mit besonderen ökonomischen Interessen dar. Seitdem jedoch die Fabrikproduktion hier und dort auf größerer Skala begonnen, seitdem die Naturalwirtschaft der Geldwirtschaft Platz gemacht hat, seitdem die Industrie zu einem ausschlaggebenden Faktor im gesellschaftlichen Leben beider Län-

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