Flottenvermehrung und Handelspolitik
[1]„Der Deutsche Oekonomist“ hat einen neuen originellen Grund für die Unterstützung der uferlosen Flottenpläne[2] der Regierung entdeckt: Die Flottenverstärkung soll ein Mittel der Stärkung der freihändlerischen gegen die schutzzöllnerische Handelspolitik sein. Um den Freihandel im Weltverkehr zu schützen, müssen wir eine Weltmachtflotte schaffen!
„Wir haben“, schreibt das Organ des Handelskapitals, „vor 2 Jahren die Flottenvermehrung empfohlen, weil wir der Überzeugung waren, daß über kurz oder lang dem Deutschen Reich nichts übrigbleiben werde, als offen und ehrlich die Rolle einer Vormacht im Kampfe für die Freiheit im internationalen Handel und Verkehr zu übernehmen. Dazu reicht selbstverständlich eine Flotte, die höchstens die Blockade unserer eigenen Häfen erschwert, nicht aus. Wir müssen auch außerhalb der deutschen Gewässer mitsprechen können. Seit zwei Jahren ist die Gefahr, daß imperialistische Ideen von Weltmächten in die Praxis übersetzt werden könnten, sehr viel klarer hervorgetreten. Die nationalistischen und protektionistischen Übertreibungen drängen, wie es scheint, schnell zur Krisis ... Hoffentlich wird die Krisis[3] unblutig verlaufen. Aber wer den Sieg des Friedens, des Rechts und der Freiheit im Weltverkehr wünscht, der muß heute dem Deutschen Reich eine starke Flotte wünschen.“ Das Umsichgreifen des deutschen Imperialismus „darf den einsichtigen Wirtschaftspolitiker an dem naturnotwendig freihändlerischen Charakter der zukünftigen deutschen Flottenpolitik nicht irremachen“.
[1] Dieser Artikel ist nicht gezeichnet. In einem Brief vom 10. November 1899 an Leo Jogiches erwähnt Rosa Luxemburg diesen von ihr geschriebenen Artikel. (Siehe GB, Bd. 1, S. 400.)
[2] Diese Notiz ist nicht gezeichnet. In einem Brief vom 6. November 1899 an Leo Jogiches erwähnt Rosa Luxemburg diese von ihr geschriebene Notiz. (Siehe GB, Bd. 1, S. 393.)
[3] In der Quelle: Kritik.