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„Zunächst: eine Steigerung der Anteile der Arbeiter am Nationaleinkommen ist nicht in irgendwelche naturgesetzliche Schranken, deren Erweiterung außer allem Machtbereich der Arbeiter selbst stände, eingeschlossen.“ (S. 70.) Die Wissenschaft hat zwar früher die sogenannte Lohnfondstheorie, das eherne Lohngesetz aufgestellt, die in der Bewegung der Löhne feste ökonomische Gesetze entdecken wollten. Herr Sombart widerlegt aber beide spielend, um so mehr als sie schon vor Jahrzehnten von Marx begraben worden sind. Namentlich verkehrt er aber das Ricardo-Lassallesche Lohngesetz in seinen Schlußfolgerungen in das Gegenteil, und zwar durch eine neue Deutung des Lassalleschen „gewohnheitsmäßigen“ Lebensniveaus der Arbeiter. „Mit der Einführung des Wortes ‚gewohnheitsmäßig‘ war das gefürchtete Gesetz zu einer harmlosen Tautologie geworden.“ (S. 71.) Denn sobald die „Gewohnheit“ die durchschnittliche Höhe des Lohnes bestimmt, so besteht nach Herrn Sombart der einfache Witz nur darin, die höchstmöglichen Ansprüche der Arbeiter (z. B. das Fahren auf Gummirädern) zu „gewohnheitsmäßigen“ zu machen, und die Löhne schnellen wie ein Pfeil in die Höhe. „Zu machen“, wiederholt Herr Sombart, „in diesen Worten soll gegenüber der Auffassung von einer mechanischen Lohnbildung die ... richtige, soziale Betrachtungsweise zum Ausdruck gebracht werden. Jene Betrachtungsweise nämlich, die in der Verteilung des Nationaleinkommens das Ergebnis eines Kampfes zwischen verschiedenen Reflektantengruppen erblickt, eines Kampfes, dessen Ausgang nicht von der äußerlich sichtbaren und ziffernmäßig ausdrückbaren Lage des Waren- und Arbeitsmarktes, sondern ebensosehr von den andern die Machtstellung der Parteien bestimmenden Faktoren abhängig zu denken ist.“ [Hervorhebungen – R. L.] (S. 71.)
Es geht aber bei diesem Verteilungskampf, wie wir einige Seiten weiter erfahren, eigentlich sehr friedlich zu. Denn die „deutsche Wissenschaft“ bringt es fertig, allen zu geben und niemandem zu nehmen, die Arbeiter zu bereichern, ohne die Kapitalisten ärmer zu machen.
Einerseits können nämlich die Arbeiter, wie wir soeben gesehen, ihren Anteil am Nationaleinkommen „jederzeit“ auf Kosten des Mehrwerts im weiteren Sinne steigern. Andererseits aber braucht „in allen Fällen ... der Profit des Unternehmers trotz gesteigerter Löhne keine Verringerung zu erfahren“. (S. 80.) Den „genialen Unternehmern und königlichen Kaufleuten“ rät Herr Sombart nämlich, wenn die Löhne in die Höhe gehen, die Produktion zu erweitern oder die Technik des Betriebs zu verbessern oder