Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 256

https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-1-1/seite/256

Entgegnung

[1]

Die „Deutsche Wacht“, der die Bemerkungen in unserem Blatte über den letzten antisemitischen Parteitag[2] selbstverständlich nicht schmecken, sucht sich durch eine 25 Zeilen lange Schimpferei Genugtuung zu verschaffen, um am Schlusse zu erklären, daß sie sich mit „einem jüdischen Frauenzimmer, das mit solchen geschmackvollen Redensarten um sich wirft“, nicht ernstlich beschäftigen könne. Nun muß ich die „Deutsche Wacht“ leider enttäuschen, die Bemerkungen, die sie so gekränkt haben, wurden diesmal nicht von mir, sondern von meinem gut christlichen Kollegen geschrieben. Ich persönlich vermied bis jetzt, eigenhändig die antisemitische Presse anzufassen, weil ich bei dieser Berührung stets eine eigenartige Empfindung habe, die mich die Worte Gottfried Kellers paraphrasieren läßt:

Hui, wie das krabbelt, wie das kriecht,

Hui, wie das infernalisch riecht,

Nun fahre hin, du liebe Ruh’,

Geh, Grethe, mach das Fenster zu,

Es sind die — Antisemiten.

Sächsische Arbeiter-Zeitung (Dresden),
Nr. 242 vom 18. Oktober 1898.

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[1] Redaktionelle Überschrift.

[2] Die „Sächsische Arbeiter-Zeitung“ schätzte am 12. Oktober 1898 unter dem Titel „Die Antisemiten“ den Parteitag der Deutschsozialen Reformpartei ein, der vom 8. bis 10. Oktober 1898 in Kassel stattgefunden hatte. Es wurde besonders die antisemitische Haltung dieser Partei sowie ihre Unterstützung der imperialistischen Rüstungspolitik kritisiert.