Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 292

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arbeit eine neue Verschlechterung ihrer Lage. In dem Maße, als die weibliche und jugendliche Arbeit zunimmt, sinken die Löhne, steigt die Konkurrenz, vermindert sich der Anteil der Arbeitenden an dem von ihnen geschaffenen gesellschaftlichen Reichtum, vergrößert sich die Unsicherheit der Existenz. So nimmt der wirtschaftliche Aufschwung den Arbeitern mit der einen Hand wieder, was er mit der anderen gab.

Die überraschende Zunahme der Frauen- und Kinderarbeit ist u. a. wieder ein schlagender Beweis gegen die berühmte Theorie der „Anpassung des Kapitalismus“. Die Lage der Arbeiterklasse hebe sich, hieß es, die Verdrängung der qualifizierten Arbeit durch unqualifizierte schreite nicht so rasch fort, wie man allgemein annahm. Was bedeutet aber die starke Zunahme der weiblichen und jugendlichen Arbeit anderes als ebenso starke Verdrängung der gelernten Arbeiter durch ungelernte und somit auf der einen Seite rasche Fortschritte der Technik und mit ihr Revolutionierung der gesamten Wirtschaft, auf der anderen Seite Entwertung der Arbeitskraft und Verschlimmerung der gesellschaftlichen Lage der Arbeiterklasse? Auf die neuesten Ergebnisse des wirtschaftlichen Aufschwungs muß die Arbeiterklasse unbeirrt in alter Weise antworten: durch revolutionären Klassenkampf.

XI Wandlungen auf dem Weltmarkt

Die englische Bourgeoisie wird immer mehr beunruhigt durch den nunmehr augenscheinlichen Verfall der Herrschaft Englands auf dem Weltmarkt. Der Verfasser der Schrift „Made in Germany“ (In Deutschland fabriziert), die vor zwei Jahren in England so viel Staub aufgewirbelt hat, Williams, hat jetzt ein neues Buch unter dem Titel „Rückwärtsbewegung“ dem gleichen Thema gewidmet. Rückwärts bewegt sich nämlich nach Williams die englische Industrie. Während der Export anderer Industriestaaten rapid wächst, ist er in England von 215 Millionen Pfund Sterling[1] auf 196 Millionen gefallen, der Import nach England wächst dagegen mit jedem Jahre. Dabei vollzieht sich im Charakter der Ein- und Ausfuhr ein interessanter Wandel. Von den 196 Millionen, auf welche sich der englische Export beziffert, entfallen nach Williams zirka 45 Millionen auf Rohstoffe, welche dann in der Form fertiger Fabrikate – hauptsächlich aus Deutschland – nach England wieder eingeführt werden. Damit fällt Eng-

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[1] 1 Pfund Sterling = 20 Mark. [Fußnote im Original]