Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 291

https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-1-1/seite/291

einseitigen Charakter sofort ans helle Licht zu ziehen haben. Immerhin, ungeachtet und trotz der Absichten ihrer Schöpfer wird die neue Einrichtung gewiß für die Arbeiterbewegung von Nutzen sein, denn manche heilsame Lehre, namentlich über die Unentbehrlichkeit der Arbeiterorganisation im wirtschaftlichen Kampfe mit dem Kapital, wird man aus der noch so einseitig geführten Statistik ganz zweifellos ziehen können.

X Frauen- und Kinderarbeit

Das letzte Quartalsheft der „Statistik des Deutschen Reichs“ bringt überraschende Daten über die Zahl der in den unter Gewerbeaufsicht stehenden Fabriken im Jahre 1897 beschäftigten jugendlichen Arbeiter und Arbeiterinnen. Demnach betrug die Zahl der in den gewerblichen Betrieben arbeitenden Kinder unter 14 Jahren sowie junger Leute beider Geschlechter zwischen 14 und 16 Jahren 265721, d. h. um 20861 mehr als im Jahre 1896. Darunter waren Kinder männlichen Geschlechts 3 770 (im Jahre 1896 3 343), weiblichen 2 381 (1896 1969), junge Leute männlichen Geschlechts 172 398 (1896 159 214), weiblichen 87 172 (1896 80 334). Das Verhältnis der beiden Geschlechter in der Gruppe der jugendlichen Arbeiter ist also das gleiche geblieben wie im vorhergehenden Jahre. Auf das männliche Geschlecht entfallen zirka zwei Drittel, auf das weibliche ein Drittel der Gesamtzahl.

Die Zahl der beschäftigten erwachsenen Frauen (über 16 Jahre) betrug 1897 732 909, d. h. um 33 330 mehr als 1896.

Im ganzen ist also die Anzahl der ins Joch der deutschen Industrie gespannten jugendlichen und weiblichen Kräfte im Laufe eines einzigen Jahres um die gewaltige Zahl von 54 191 gewachsen! Dies das erste Ergebnis des industriellen Aufschwungs, der neuesten Gründungsära. Über 50 000 Frauen und Kinder des Volkes wurden im Laufe eines Jahres durch den eisernen Besen der Proletarisierung aus dem Familienheim auf den Arbeitsmarkt, den Markt der lebendigen Ware, gefegt; mehr als 50 000 Frauen und Kinder, die noch ein Jahr zuvor von dem Verdienste ihrer Männer und Väter leben konnten, werden nun auf der eigenen Hände Arbeit angewiesen sein. Für mehr als 50 000 Frauen und Kinder der Arbeiterklasse sind also wieder Familienleben, Gesundheit, Sicherheit der Existenz nun zu leeren Worten geworden. Aber auch für die Arbeiterklasse im ganzen bedeutet dieses Anwachsen der Frauen- und Kinder

Nächste Seite »