Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 797

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Parteitag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands vom 17. bis 21. September 1900 in Mainz

[1]

I Antrag 70

[2]

Der Parteitag beauftragt die Fraktion, die neuesten gegen den Gebrauch der polnischen Sprache in den Schulen der Provinz Posen gerichteten Maßnahmen der preußischen Regierung[3] im Reichstag zur Sprache zu bringen und überhaupt die Behandlung der Polen als Bürger zweiter Klasse mit allem Nachdruck zu bekämpfen.

II Begründung des Antrages 70

[4]

Die letzte Heldentat des preußischen Kultusministers, die Verfolgung der polnischen Sprache bis in den Religionsunterricht in der polnischen Schule, ist Ihnen allen bekannt. Es handelt sich um die systematische Unterdrückung einer ganzen Nation. Die Sozialdemokratie hat die Aufgabe, alle Krebsschäden aufzudecken, die Unterdrückung in jeder Form zu bekämpfen. Wir brauchen eine Aktion, um der Regierung zu zeigen, daß sie nicht ungestraft so handeln darf, wie sie gehandelt hat, und wir haben dem polnischen Volk zu beweisen, daß der Schutz seiner Interessen nicht bei der feigen Bourgeoisie, sondern bei der Sozialdemokratie in den besten Händen ist. Wir müssen den polnischen Arbeiter lehren, seine nationalen Utopien aufzugeben, und ihm zeigen, daß er nicht in seiner Sonderstellung als

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[1] Redaktionelle Überschrift.

[2] Dieser von Rosa Luxemburg und Józef Gogowski eingebrachte Antrag wurde angenommen.

[3] Ende Juli 1900 hatte das preußische Kultusministerium verfügt, daß der Religionsunterricht in den Mittel- und Oberstufen der Elementarschulen Posens nicht mehr, wie bisher, in polnischer, sondern nur noch in deutscher Sprache erteilt werden dürfe.

[4] Redaktionelle Überschrift.