Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 728

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Zurück auf Adam Smith!

Von Ed. Bernstein wurde an dieser Stelle eine frühere Arbeit Dr. Schüllers über „Die klassische Nationalökonomie und ihre Gegner“ besprochen[1], uns liegt gegenwärtig eine Fortsetzung dieser Studien unter dem Titel „Die Wirthschaftspolitik der historischen Schule“[2] vor.

Das Thema an sich gehört zweifellos aus verschiedenen Gründen zu den interessantesten. Vor allem, weil die historische Schule im Grunde genommen das einzige wirklich nationale Produkt des deutschen Bürgertums auf dem Gebiet der ökonomischen Theorie darstellt. Die klassisch-liberale Periode war in Deutschland wie überall bloß ein Ableger des englischen Klassizismus, die romantische Richtung Haller-Müllers aber verdient, so einflußreich sie auch in der Praxis war, kaum den Namen einer nationalökonomischen Schule. Sie machte selbst keinen Versuch, eine positive wirtschaftliche Theorie aufzustellen, und so ziemlich ihr einziger literarischer Anhänger war, soviel wir wissen, der berühmte Jarcke, der nach Börnes Ausdruck behufs Verfechtung der Metternichschen Politik zum österreichischen Rat aus dem preußischen Gegenteil befördert wurde. Desgleichen muß das „nationale System“ der politischen Ökonomie Lists eher als ein dilettantischer Versuch denn als theoretische Lehre betrachtet werden. Nur die historische Schule hat ein ganzes System der Wirtschaftslehre aufgestellt und eine sehr zahlreiche Anhängerschaft von Fachgelehrten und Männern der Praxis erworben.

Es kommt aber ferner hinzu, daß die historische Schule in ihrer inneren Geschichte ein getreues Spiegelbild der Geschichte des deutschen Bürgertums darstellt. Eine Untersuchung über die Lehrmeinungen, Methoden und Entwicklungsphasen dieser Schule würde zugleich eine Skizze der

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[1] Neue Zeit, 1894/95, Bd. II, S. 211.

[2] Richard Schüller: Die Wirthschaftspolitik der historischen Schule, Berlin 1899.