Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 587

https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-1-1/seite/587

Zur Flottenvorlage

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Die Kruppschen „Berliner Neuesten Nachrichten“ sind sehr erbittert über die allgemein verbreitete Ansicht, daß die einzigen wirtschaftlichen Interessen, die dem neuen Flottenplan zugrunde liegen, die der Flottenlieferanten sind.

„Demgegenüber“, schreibt das Blatt, „genügt es allerdings, auf die einfache Tatsache hinzuweisen, daß die deutschen Werften zur Deckung des heimischen Bedarfs an Schiffsneubauten noch weitaus nicht zureichen, daß vielmehr ein erheblicher Teil unserer neuen Handelsschiffe noch im Auslande und aus ausländischem Material hergestellt werden muß. Auch ohne die notwendige Verstärkung der deutschen Kriegsflotte würde es daher den deutschen Werften und den an dem Schiffsbau beteiligten Industrien an ausreichender und lohnender Beschäftigung nicht im mindesten fehlen.“

Das Organ des Kanonenmachers stellt sich hier naiv: Niemand glaubte im Ernst, daß eine neue Flottenvorlage dazu notwendig war, um die Herren Reeder vor „Arbeitslosigkeit“ zu retten; daß sie auch ohnehin glänzende Geschäfte machen, ist wahrlich kein Geheimnis.

Aber ebenso bekannt ist die Tatsache, daß die Herren einen guten Magen haben und eine tüchtige Erhöhung des ohnehin fetten Profites sehr gut vertragen würden. Außerdem weiß das Panzerplattenblatt ebensogut wie wir, daß, mögen auch unsere Handelsschiffe zum Teil im Auslande verfertigt werden, die Kriegsschiffe ganz gewiß nicht auf ausländischen Werften angefertigt werden, und diese sind ja gerade eine Goldgrube kapitalistischer Gewinne.

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[1] Diese Notiz ist nicht gezeichnet. In einem Brief vom 1. November 1899 an Leo Jogiches erwähnt Rosa Luxemburg diese von ihr geschriebene Notiz. (Siehe GB, Bd. 1, S. 393)